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Der Sklave und der Patrizier - kurz vor Cheddar
05-26-2023, 08:46 PM,
Beitrag #4
RE: Der Sklave und der Patrizier - kurz vor Cheddar
Ja, ich war das, dachte ich. Dass das Geld für mich von ihm gekommen war, wusste ich nicht. Das hätte aber auch nichts an meiner Abneigung für diesen römischen Lackaffen geändert. Er war genau so, wie man sich für gewöhnlich einen Römer vorstellte: Von sich selbst überzeugt, überheblich, großkotzig!

Dann sprach er diesen lächerlichen Kranz an, den ich bei meinem Verkauf auf dem Kopf getragen hatte. Ich hatte nicht ganz begriffen, was das eigentlich für einen Sinn haben sollte. Sie meinten, weil ich bei der Niederschlagung eines Aufstandes gefangen genommen worden wäre. Aufstand? Na ja, unter Aufstand verstand ich etwas anderes! Wir hatten uns lediglich gewehrt, gegen die ständigen Schikanen der Römer!
"Ja," antwortete ich diesmal noch knapper. Dann sprach er von einem neuen Leben, das für mich angefangen hätte und dass Aglaia scheinbar mit mir zufrieden sei. "Wahrscheinlich, ja ich denke schon." Was sollte denn diese Fragerei? Wenn er gewusst hätte, wie ich meiner Domina diente! Bei diesem Gedanken musste ich mal kurz grinsen. Das verging mir ganz schnell wieder, als er dann davon sprach, dass ich es hoffentlich zu schätzen wüsste, dass Rom mich am Leben gelassen habe. Pah, solche Sprüche fehlten mir jetzt gerade noch!
"Ich hatte nicht darum gebeten!" murmelte ich genervt vor mich hin. 'Meine Träume von Rebellion', sagte er. Mir wurde gerade richtig schlecht! Anscheinend war es meine Schuld, was diese Schweine in Cheddar veranstaltet hatten. Ja, offenbar dachte er das und er erzählte mir dann auch gleich, was dem Dorf blühte, wenn es sich bewahrheiten sollte, dass ich oder das Dorf schuldig sein sollte. "Ich nichts zu gestehen!" entgegnete ich gereizt. Wenn er ins Dorf kam, würde er von den Leuten schon hören, was passiert war!

Glücklicherweise erreichten wir dann auch schon Cheddar. Wir ritten an den Schmierereien vorbei, die die Soldaten mit Blut hinterlassen hatten. Zwar wusste ich nicht, was diese Zeichen zu bedeuten hatten, aber ich konnte mir schon denken, dass sie nichts Gutes verhießen. Der Römer starrte eine Weile darauf. Offenbar fürchtete sogar er diese Zeichen.
Wir ritten in das Dorf hinein. Mir kam der Gedanke noch einmal zur Schmiede zu gehen, um dort noch einige Dinge zu erledigen. Doch er meinte, ich solle die Leute auf dem Dorfplatz versammeln lassen, weil er zu ihnen sprechen wollte. 
Natürlich blieb unser Erscheinen in Cheddar nicht unbemerkt. Mütter kamen aus ihren Häusern gerannt und brachten ihre spielenden Kinder in Sicherheit. Einige Männer traten auf uns zu und folgten uns mit ihren Blicken. "Owain, warum bringst du uns noch mehr Römer nach Cheddar?" rief mir einer in unserer Sprache hinterher. "Er will mit euch reden," erwiderte ich.

 "Werden diese Schweine bestraft werden?" fragte mich eine ältere Frau, die mir vor wenigen Stunden das alte Jagdmesser ihres verstorbenen Mannes gegeben hatte. "Was glaubst du denn?" antwortete ich mit einer Gegenfrage. Denn jeder hier im Dorf wusste, dass die Plünderungen und Vergewaltigungen keine Konsequenzen für die Schuldigen mit sich ziehen würden. Im Gegenteil. Wahrscheinlich würden die Römer sogar noch einen Grund finden, um wieder zu kommen.

Als der Römer dann zu seinem Kind und seiner Frau ritt, die er hier im Dorf hatte, ritt ich schnell noch zur Schmiede. Dort war noch alles so, wie wir es verlassen hatten. Ich ging ins Haus und sah mich nach meiner Tunika um. Sanft glitten meine Finger über das Bett, in dem ich heute Nacht noch mit Aglaia gelegen hatte. Ich seufzte und ging wieder hinaus. Draußen fand ich nach einiger Suche unsere Schuhe wieder. Ich zog meine wieder an und war froh, diese Holzschuhe von den Füßen zu bekommen. An der Feuerstelle kniete ich mich nieder. Mit den Händen grub ich in der noch warmen Asche, bis ich ein völlig verformtes Stück Metall herausfischte. Ich sah es einen Moment an, dann drückte ich es an mein Herz und begann zu schluchzen. Ich bat die Götter darum, dass sie meine Bitte während des Opfers letzte Nacht, nicht erhört hatten. Hoffentlich hatten sie Aglaias Schoß nicht geöffnet, damit er nicht vom Samen dieses Dreckskerls besudelt worden war.
Ich packte das Metallstück, Aglaias Schuhe und die Holzclogs in die Tunika und machte ein Päckchen daraus, welches ich dann mit zum Dorfplatz nahm.

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RE: Der Sklave und der Patrizier - kurz vor Cheddar - von Licinianus Owain - 05-26-2023, 08:46 PM

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