RE: Gästezimmer - Wie Schnee im Sommer *
Den Umständen zum Trotz, hatte ich sehr gut geschlafen.
Kein böser Traum hatte mich heimgesucht. Einfach nur die große Müdigkeit hatte dafür gesorgt, dass ich recht bald in einen tiefen Schlaf gesunken war. Vielleicht hatte das bequeme und wohlriechende Bett auch seinen Anteil daran. Als ich nun am Morgen erwachte, fühlte ich mich schon ein bisschen besser, erholter. Allerdings lag immer noch diese Schwere auf meinem Gemüt, die mir wieder bewusst wurde, als ich realisierte, wo ich war. Dies war zwar nicht der Stall, in dem ich zuletzt geschlafen hatte, als ich noch in Ovidius‘ Händen war. Es gab auch keinen zu engen Eisenring mehr, der an meinem Hals scheuerte. Ich lag auch an keiner Kette mehr, wie ein Hofhund. Dennoch gab es diese unsichtbaren Ketten, die mich nun hielten. Das Wissen, nun eine Sklavin zu sein, beherrschte all meine Gedanken.
Kurz nachdem ich aufgewacht war, erschien Sabi wieder und erkundigte sich freundlich, wie ich geschlafen hatte. Auf einem Tablett trug sie eine Schale, mit dampfenden Inhalt. Als der Geruch des Puls in meine Nase stieg, wurde mir sofort der Mund wässrig, und ich erinnerte mich daran, wie hungrig ich war. Die Köchin stellte die Schale auf dem Tischchen ab und reichte mir einen Löffel aus Horn. Außerdem schenkte sie mir einen Becher Wasser ein, den ich sofort trank. Danach wagte ich mich an den Inhalt der Schale. Es war ein Haferbrei mit Früchten, Nüssen und Honig. Vorsichtig probierte ich einen Löffeln und schon entfaltete sich der süßliche Geschmack. "Mmh, das schmeckt gut!" sagte ich Sabi. Ich wollte mir schon den nächsten Löffel holen, als sich plötzlich die Tür öffnete und die Herrin des Hauses, ihr kleines Töchterchen und ihre Dienerinnen eintraten. Eine der Dienerinnen hielten ein Weidekörbchen in Händen, das sie auf der Kommode abstellte, auf der bereits eine Waschschüssel und ein Wasserkrug stand.
Sofort ließ ich von dem Löffel ab und erhob mich. Ich spürte, wie sich mein Körper anspannte. Die Hausherrin begrüßte freundlich die Köchin und warf einen Blick auf mein Frühstück. Ich konnte beileibe nicht alles verstehen, was sie sagte. Doch ich glaubte, den Sinn dahinter zu verstehen.
Sabi entgegnete den Morgengruß und wollte schon gehen, doch auf das Bitten der Hausherrin blieb sie noch, da sie für sie noch übersetzen sollte. Die Hausherrin begrüßte mich und stelle sich, ihre Tochter und die beiden Dienerinnen vor.
"Salve, Furia Serena", entgegnete ich vorsichtig auf Latein, weil mir die Worte noch nicht so einfach über die Lippen kommen wollten. Als sie sagte, sie wolle mich als ihren Gast in der Villa Furia willkommen heißen, stockte mir kurz der Atem. Sicher war das eine Verwechslung oder man hatte sie falsch informiert. Dennoch maßte ich mir nicht an, sie zu korrigieren. Ich sollte mich noch gut erholen und wenn ich mich stark genug fühlte, könnte ich einige Zeit im Garten verbringen. "Danke, du bist sehr freundlich, Herrin. Möge die große Mutter dich und dein Kind beschützen!" Die Sprache, die die Leute hierzulande sprachen – Gwens und Louarns Sprache - kam mir wesentlich leichter über die Lippen. Nur mit Ceridwen hatte ich meine Muttersprache sprechen, seitdem ich hier war.
kursiv = Latein
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