Saturninus hatte Niamh seinen Köchinnen Sabi
und Seang
übergeben:
"Das ist Niamh. Bitte kümmert euch um sie, badet sie, kleidet sie an und gebt ihr zu essen. Die alte Tunika könnt ihr verbrennen"
Er ging, um seine Frau Serena von ihrem " Gast " zu unterrichten.
Die Schwestern Seang und Sabi waren freie Keltinnen aus Iscalis, die nun schon lange im furischen Haushalt arbeiteten.
Er hoffte sehr, dass die beiden meist fröhlichen Angestellten Niamhs Vertrauen gewinnen konnten. Sie kamen herbei, stießen Rufe des Mitleids aus, nahmen Niamh erst einmal mit in das Sklavenbad, wuschen, kämmten sie und ölten sie ein:
"Wir heißen Sabi und Seang. Wir arbeiten hier. Keine Sorge, wir kümmern uns um dich!"
Dabei bemerkten sie die Zink- und Bleipaste, die der Sklavenhändler in Niamhs Halswunde gestrichen hatte.
"Das wird weh tun, doch das Zeug muss runter", sagte Seang. Sie versuchte, ganz vorsichtig zu sein, doch Niamh zuckte bestimmt einige Male zusammen.
"Es tut uns so leid", sagte Seang: "Wir wollten dir nicht wehtun. Aber dieser Dreck hat die Wunde entzündet. Ich streiche dir Honig drauf und darüber Schmalz, dann wird es bald heilen"
Währendessen hatten andere fleißige Hände das Gästezimmer gerichtet. Es war ein zweckmäßig eingerichtetes römisches Cubiculum. Doch ein großes, vergittertes Fenster führte in den Garten. Die Dienerinnen bauten die Fensterläden ab und ließen frische Luft in den Raum.
Dann zogen sie Niamh eine saubere, rauchblaue Tunika über und führten sie zu dem Bett, das dort in der Mitte des Zimmers stand. Je eine Schwester setzte sich links und rechts. Sie waren so freundlich wie wachsam, denn Niamh durfte natürlich nicht abhauen.
"Bald kommt der Frühling! Ist das nicht schön?!", erzählte Sabi, die die Jüngere war.
"Ja, weil du einen Beltaneschatz hast", warf ihre ältere Schwester ein. Sabi ließ sich nicht beirren: " Wenn es dir wieder besser geht, hilf uns die Villa zu schmücken. Du bist doch eine neue Sklavin, nicht wahr? Darfst du deinen Namen behalten? Wo kommst du her? Warum bist du so dünn? Hattest du es in deinem vorigen Haushalt nicht gut?
Den Dominus kennst du ja schon. Seine Frau ist die Herrin Serena. Sie ist freundlich, aber man muss ihr gehorchen. Und ein winziges Töchterchen, das Saturnina heißt, ist im Haus. Wir nennen sie Ninni"
Sabi brachte eine kräftige Hühnerbrühe aus der Küche und mit vielen Worten versuchte sie, Niamh zu füttern. Was sie nicht schaffte, stellten sie auf einen kleinen Beistelltisch. Dort gab es auch Wasser:
"Wieso haben sie dich nicht zu den anderen Sklavinnen gesteckt?", wollte sie wissen, doch da schüttelte Seang den Kopf und legte den Finger auf den Mund:
"Das wird sich gewiss alles klären. Ruh dich jetzt aus, Liebes, und schlafe ein wenig. Morgen ist auch ein Tag. Du bist gewiss erschöpft, meine Süße"
Die beiden Keltinnen, für die es Zeit war, nach Hause zu gehen, verschwanden. Niamh war nun alleine mit sich und ihren Gedanken.
* Sim off: Sprüche Salomos, Kap. 26 Vers 1: "quomodo nix aestate et pluvia in messe sic indecens - wie Schnee im Sommer und Regen zur Erntezeit"; Bildnachweis: Artbreeder