(02-19-2024, 10:24 AM)Cassia schrieb: >>> Tatsächlich hatte Cassia angeboten die Wegstrecke zu Fuß zurück zu legen, so dass wenigstens ihr Dominus seinen Platz im inneren des Reisewagens finden würde. Doch das Innere des Kastenwagens schien geräumiger als es von außen den Anschein machte und so fand sich auch ein Plätzchen für Cassia. Auch wenn dies bedeutete, dass sie die meiste Zeit auf dem Boden saß, zu Füßen ihrer neuen Domina. Wenigstens Nicander sollte einen Platz auf der Bank finden. Die Landschaft veränderte sich nicht großartig, als sie vom Hafen in Richtung Landesinnere fuhren. Auch wenn nun die vorherrschende Farbe grün war und Cassia mit großen Augen ihre nähere Umgebung musterte. Am liebsten hätte sie ihre neue Heimat zu Fuß erkundet und ihr neugieriges Näschen in jede Ecke gesteckt. Aber vielleicht wäre ihre neue Domina so lieb und würde mit ihr einen Erkundungsspaziergang unternehmen. Bei diesem Gedanken musste Cassia still vor sich hin lächeln, wobei sie ihr Bündel etwas fester umklammerte, als der Wagen über eine unebene Stelle auf der Straße fuhr und sie spürte wie der Wagen einen kleinen Satz machte.
Schließlich war es dann so weit und der Kastenwagen erreichte die Provinz Iscalis. Nun wurden Cassias Augen noch größer, denn von dieser Provinz hatte sie bis dato noch nie etwas gehört. Auch Nicander schien diese Provinz nichts zu sagen, so wie dieser dreinblickte. Aber vielleicht würde ihre neue Heimat den Dunkelhaarigen dazu animieren weitere, hübsche Stücke zu kreiieren. Blieb nur abzuwarten welche Verwendung der ältere Römer für seine neuen Sklaven hatte. Doch zuerst mussten sie an ihrem Zielort ankommen und da der Kastenwagen weiterhin über die unebenen Straßen holperte, schien ihre Reise noch nicht beendet zu sein. Als sich die Dämmerung allmählich auszubreiten begann, bemerkte Cassia wie der Wagen immer langsamer wurde und schließlich in einer Gasse und vor einem Gebäude stehen blieb. Langsam stemmte sich Cassia in die Höhe und ließ ihren neugierigen Blick an dem Gebäude empor gleiten. Dann wurde auch schon die Türe der Casa Norbana geöffnet und heraus trat ein stämmiger Mann mittleren Alters. Auch dieser Mann wurde von Cassia neugierig gemustert, als sie hinter der jungen Römerin aus dem Wagen stieg. Am liebsten hätte sie Nicander aus dem Wagen geholfen. Doch diese Regung versagte sie sich. Stattdessen trat sie an Norbana Orestillas Seite und wurde im nächsten Moment auch schon mitgezogen. Denn die junge Domina hatte sie an der Hand genommen.
“Hier werden wir also in Zukunft wohnen? Wie viele Zimmer hat dieses ... Haus?“
Wie zwei junge Mädchen, die wir ja auch waren, rannte ich, mit Cassia an der Hand, ins Haus. Dabei mussten uns die Sklaven, die mit unserem Gepäck beschäftigt waren und uns entgegenkamen, ausweichen.
wir rannten durch den Eingangsflur und kamen zunächst kamen wir im Atrium zum Stehen. Wie in jedem römischen Haus, war dies der zentrale Punkt, von wo aus mehrere Räume abgingen. Ich sah mich um und zog dann meine neue Sklavin mit mir weiter mit. Ich öffnete nach und nach jede Tür, um nachzuschauen, was sich dahinter verbarg. Dabei stieß ich auf einige Cubiculae. Eines davon gehörte bereits Papa. Eines würden wir seinem Schüler überlassen, der mit uns gekommen war. Und ein drittes würde ich mir nun aussuchen.
"Das da! Das soll mein Cubiculum werden!" rief ich fröhlich. Natürlich hatte ich mir das größte und schönste der zur Auswahl stehenden Räume ausgesucht. Darin stand ein Bett, eine Kommode, an der mich Cassia zukünftig zurecht machen konnte, eine große Truhe für all meine Kleider und zwei Korbsessel.
"Du kannst nebenan schlafen", bestimmte ich dann und wies Cassia den angrenzenden Raum zu, der etwas kleiner war. Die Sklavin würde sicher später noch Zeit haben, sich ihr Zimmer genauer anzusehen. Nun galt es zuerst, sich noch weiter umzusehen!
(02-19-2024, 03:40 PM)Nicander schrieb: >>> Cassia hatte mir angeboten, zu laufen und mir einen Sitzplatz im Wagen zu überlassen. Ja, hatte sie denn immer noch nicht begriffen, das gute Kind? Wenn wir nicht auffliegen wollten, durfte sich Cassia nicht auf diese Weise verraten.
"Wir sind doch jetzt gleich", flüsterte ich ihr zu: "Und nenne mich nicht mehr Dominus. Sag einfach Nici" ich grinste sie an.
Wir hatten jedoch beide Platz auf dem Wagen gefunden. Und mein ungutes Gefühl bewahrheitete sich: Iscalis war mitnichten ein Viertel von Londinium. Es lag drei Tagesreisen entfernt in der Provinz.
Drei Tage saßen wir in einem engen Reisewagen. Aber das Wort galt: Besser schlecht gefahren, als gut gelaufen. Und wenn ich auf der ganzen Fahrt wenigstens einen elegant gekleideten Einheimischen gesehen hätte, wäre das schon viel gewesen. Es waren einfache Leute. Denen brauchten wir gar nicht mit den klassischen Werken zu kommen. Wenn überhaupt, funktionierten hier nur derbe Possen. Doch Cunomoltus, der Bauer, der uns kutschierte, war freundlich und wies zuweilen mit seinem Stock auf den Fluss, den er "Isca" nannte oder auf ein Rudel Hirsche, das im Schatten zwischen den Bäumen äste, während die schweren Wagenräder auf der Römerstraße knatterten.
Die junge Domina döste die meiste Zeit vor sich hin. Als sie wach war, fragte ich sie, ob ich sie unterhalten durfte. Und das tat ich dann:
Ich erfand spontan zwei Schwestern im Jugendalter, deren Rollen ich alle beide selbst spielte. Die eine nannte ich Pulchra, die andere Flavilla. Sie waren aufsässig, nicht sonderlich gescheit und machten allen das Leben schwer, besonders untereinander.
Pulchra: Das ist meine Schwester Flavilla. Flavilla bedeutet blond. Aber natürlich ist sie nicht blond. Sie hat eine Perücke auf.
Auch ich trug eine aus Stroh, die mir über die Ohren rutschte, wenn ich Flavilla spielte:
Flavilla: Das ist meine Schwester Pulchra. Pulchra bedeutet die Schöne. Das stimmt aber auch nicht, dass meine Schwester schön ist.....
Und so weiter. Ich hoffte sehr, dass die jüngeren Leute ein wenig Spaß an den Witzen hatten und den Regen und die Langeweile für ein Weilchen vergaßen.,
Dann kamen wir jedoch in eine... Stadt war es wohl nicht: Ortschaft. Dies war Iscalis. Und wir hielten vor einem ansehnlichen Haus. Die Tür wurde geöffnet, und von innen leuchtete es behaglich.
Der Türwächter erwähnte eine Corinna, die kochte. (Hatte ich es nicht gesagt? Wir waren im Elysium), und Domina Orestilla befahl mir, einem jüngeren Mitsklaven - Evenor - zur Hand zu gehen.
Ich kletterte auf dem Wagen herum und reichte die Körbe hinunter. Beim Ausladen der schweren Truhen half mir Bauer Cunomoltus.
Domina Orestilla nahm Cassia, die sie als Leibsklavin auserkoren hatte, an der Hand und verschwand im Inneren der Casa. Für mich war erst einmal Gepäck schleppen angesagt.
" Ich heiße Nicander. Was soll ich jetzt tun?", fragte ich Evenor, um meinen Arbeitswillen zu beweisen.
Während die beiden Mädchen das Haus erkundeten und der Hausherr samt seinem Schüler das Haus betreten hatten, hieß es für die Sklaven, alle Gepäckstücke nach drinnen zu bringen. Evenor war ein freundlicher junger Mann, der hin und wieder auch zu ein paar Späßen aufgelegt war.
"Salve, Nicander! Ich bin Evenor. Komm, pack mal mit an!" bat er ihn, während er sich einer der schwereren Kisten zugewandt hatte und diese an einer Seite hochhebte. Die beiden schleppten die Kiste ins Haus. Evenor strich sich kurz den Schweiß von der Stirn.
"Hat dich der Dominus aus Gallia mitgebracht?" fragte er den Neuen, bevor sie auch noch den Rest ins Haus trugen.
"Später zeige ich dir, wo unser Schlafplatz ist. Dann stelle ich dir auch die anderen Sklaven vor. Phineas, der Maiordomus wird dir dann sicher auch sagen können, was deine Aufgaben im Haus sein werden und wenn wir fertig sind, schauen wir mal bei Corinna vorbei und fragen sie, ob sie noch etwas leckeres für uns übrig hat." Bei dem letzten Satz begann Evenor zu schmunzeln. Corinna war wie eine fürsorgliche Mutter zu ihnen. Solange sie Köchin war, würde keiner verhungern!