Ich lachte leicht vor mich hin, als er sagte, er sei normal und geistig gesund. Ich war auch geistig gesund, im Gegensatz zu eben jenen normalen. Und dennoch wusste ich dank Cinead das ein oder andere über diese Menschen und dass sie mich eben als anders wahrnahmen und meine Andersartigkeit fürchteten. Weil ein Geist wie meiner eben nur wenigen Menschen innewohnte.
Er fragte, ob er mich Kairos nennen durfte.
“Mörder, Kairos… ich sehe keinen Unterschied. Beides versucht Fesseln an etwas Unbekanntes zu legen, um es beherrschbar zu machen, in Regeln einzuzwängen und so dem Geist zu unterwerfen. Aber wenn es dich glücklich macht, nenn mich so.“ So ähnlich hatte ich schon öfter geantwortet, denn in der Tat bedeuteten mir weder Namen, noch Bezeichnungen wirklich viel. Es war nur der Versuch, etwas zu beschreiben.
Oh, ich glaubte durchaus an die Macht, die einem wahren Namen innewohnte. Dass man damit die Fae beschwören oder vertreiben konnte und ihre Macht sich nutzbar machen. Aber der Rest? Alles nur der Versuch, etwas zu erfassen, das größer war, als man selbst. Als ob es eine Eiche kümmerte, ob man sie Eiche oder Baum oder anderes nannte.
Dann war unsere Unterhaltung aber auch schon an einem Ende, denn ich fing mit meiner Arbeit an, und er schrie erst vor Schmerz und sackte dann weg. Zum Glück, denn ich hasste es, wenn sie schrien. Der Hauptgrund, warum ich meine Substanz überhaupt erst erfunden hatte. So aber hatte ich nun die Ruhe, die ich brauchte.
Ich schnitt die verklebte und verdrehte Vorhaut frei, was aufwändiger war, als ich gedacht hätte. Anschließend ging ich zu den unruhigen, überlebenden zwei Pferden, die vom Blutgeruch etwas nervös waren. Ich suchte in den Satteltaschen nach nützlichen Dingen, fand dabei erfreulicherweise einige Nägel für später und für jetzt erst einmal einen kleinen, gegossenen Topf und dieses Essigwasser, das die Römer gerne tranken. Ich stellte den Topf in die nähe des Feuers und füllte ihn schon einmal mit einem Schluck des Wassers und aus meinen Vorräten getrockneter Schafgarbe. Nach wenig Suchen kamen noch ein paar wilde Zwiebeln hier aus dem Wald dazu und ein Stück Honigwabe, das ich mir von Bienen in der Nähe aus einem hohlen Baum geliehen hatte.
Dann ging ich wieder zum ohnmächtigen Tribun und löste mit dem restlichen Essigwasser die ganzen, zahlreichen Verklebungen sehr sorgfältig, bis sein Ding zwar ziemlich wund und blutig aussah, aber ansonsten wohl funktionstüchtig sein würde, sofern es gut abheilte. Meine Mixtur am Feuer köchelte gerade blubbernd vor sich hin und ich stellte sie auf kühle Steine, damit sie nicht zu heiß wäre und kramte noch einmal in den Taschen nach sauberen Stoffstreifen, die ich in die Mixtur tunkte und dann sein Ding damit einwickelte.
Als das erledigt war, wandte ich mich den beiden anderen Soldaten zu und bedankte mich bei ihnen für die mitgebrachten Nägel.
Nachdem ich fertig war, blieb ich noch ein wenig in der Nähe, um aufzupassen, dass keine Tiere vorbeikamen. Oh, der zweite Legionär lebte noch. Ich hatte mein Werk mit ihm meisterlich vollendet und dem Tribun beim Aufwachen ein schönes Beispiel dafür hinterlassen, wie effektiv man einen Menschen häuten und an einen Baum nageln kann, ohne dass er starb. In ein paar Stunden hätte sein Eigengewicht ihn dann erstickt, aber noch bewegte sich röchelnd die Brust, ein wenig zumindest.
Der andere war leider vorzeitig vor Angst gestorben. Da hatte einfach sein Herz aufgehört, zu schlagen. Egal, auch er stand nun an einen Baum gelehnt, sein Gewicht von Nägeln gehalten.
Ich hatte dem Tribun neben der Heilmixtur noch eine Wachstafel dagelassen. Wenn er aufwachte, würde er wieder weitestgehend hergestellt sein und vernünftig sehen und sich bewegen können, da wollte ich nicht mehr in seinem Blickfeld sein. Dort standen nur ein paar einfache Sätze geschrieben.
Ich habe dich von deinem Leiden befreit. Denke daran: 2 Wochen braucht es zum heilen, und noch einmal 2 Wochen der Ruhe. Nicht reiten! Eine Woche Verband täglich wechseln mit Heilpaste.
Wir sehen uns wieder. |
Ich wartete, bis ich merkte, dass der Tribun kurz davor war, aufzuwachen. Dann zog ich mich ins Dunkel der Wälder zurück.