RE: Speisezimmer (Triclinium)
Ernst hörte Narcissus den Worten seines Gastgebers zu, der vor Sehnsucht nach diesem ominösen Mann zu zerfließen schien. Seinen Worten entnahm der Hetär, dass sein Leben alles andere als schön gewesen war. Kaiserlicher Sklave. Ein Titel mit mehr Prestige, als die Realität hergab. Mit Bedauern lauschte er den Gegebenheiten im Palast. Von seinem Standpunkt aus hatte man das so natürlich nicht mitbekommen.
Narcissus lächelte, beugte sich vor und verschloss die Lippen des jammernden Medicus mit den seinen, bevor er einen Finger darauf legte.
"Geliebter Medicus", begann er lächelnd. "Erstens: Du bist nicht alt. Zweitens, du bist nicht griesgrämig. Du bist ein reifer und wunderschöner Mann und würdest du mich auf die Knie heißen, ich würde nicht aufhören, dich anzuhimmeln. Drittens: Täusch dich nicht, nur weil ich ein hübsches Gesicht habe. Ich habe auch tiefe dunkle Schatten gesehen in Rom. Nicht jeder meinte es gut mit mir. Und bevor ich gefunden habe, was ich heute besitze, habe ich nicht selten gestohlen, um nicht zu verhungern. Du darfst mir alles sagen. Und so traurig sein, wie du willst. Aber mein Lieber, wenn ich dir etwas sagen darf zu deinem Geliebten, so ist das Folgendes:
Jeder Mann, der sich deiner Liebe für würdig erwiesen hat, könnte dich niemals einfach im Stich lassen. Was auch immer ihn aufhält, ich bin sicher, er tut alles, um zu dir zurückzukommen. Du wirst sehen. Und dann werde ich deinem Atreus einen Vortrag halten. Einen Hecht wie dich hier hängen zu lassen, ohne ihn für Leute wie uns freizugeben. Ich hätte es wirklich genossen mit dir."
Versöhnlich und vielleicht etwas sehnsüchtig strich Narcissus über.
"Wenn du dich doch mal nach etwas Handfestem sehnst... oder dieser Kerl auftaucht und dich von der Kette lässt, melde dich. Oder... wenn du einfach nur reden willst.
Willst du, dass ich dich allein lasse?"
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