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[Wälder um Iscalis] Nicht nur der Täter kehrt an den Ort des Verbrechens zurück
02-11-2024, 12:37 PM,
Beitrag #10
RE: [Wälder um Iscalis] Nicht nur der Täter kehrt an den Ort des Verbrechens zurück
Verleugnung? Ich legte den Kopf leicht schief, während er sich rechtfertigte. War das nun das, was er wirklich von sich dachte, oder war es das, von dem er glaubte, ich wollte es hören? Schwierig zu beurteilen, aber ich hoffte auf letzteres. Andernfalls wäre er auch nur einer von den Menschen, die die Chance zur Freiheit hätten, sich aber liegen in eigene Ketten legten.
Aber es war auch gleich, ich hatte meine Entscheidung gefällt und sah zu, wie die drei Männer zu Boden gingen, auch der Tribun. Gemütlich machte ich mich an den Abstieg von meinem Felsen und schlenderte über den Boden. Ich schaute nach meinem Freund, der zur Seite gefallen war und etwas verdreht lag. Ich wusste, wenn cih ihn so liegen lassen würde, würde er sterben. Wenn ihn nicht die Tiere holten, dann würde mein Gift langsam aber sicher seinen Herzschlag so weit verlangsamen, dass er einfach starb, noch ehe er die Chance hatte, zu verdursten. Mein neues Mittel war da besser, da hatte ich diesen Effekt ausschließen können. Aber es war instabiler und nicht so einfach umzukehren wie dieses hier. Und in diesem einen Fall wollte ich es umkehren.
“Na, na, mein Freund. Nicht schon aufgeben“, sagte ich und zerrte ihn in eine halb sitzende Position. Ich blieb außerhalb seiner Sicht, da ich keine Lust hatte, mich doch um ihn kümmern zu müssen, wenn er mich wirklich sah, und kramte in meinen Sachen nach dem Gegenmittel. Ich holte die nötigen Kräuter zusammen und lehnte ihn leicht nach vorne wie eine zu große Puppe, so dass er sitzen blieb, während ich zu den übrigen Pferden der Römer hinüber ging und seelenruhig in den Satteltaschen kramte. Jetzt hatte ich Zeit. Eines der Pferde wollte nach mir treten und mich beißen, zumindest solange, bis ich schnell meine Hand auf seine Schnauze gelegt hatte und ihm lange schweigend in die Augen blickte. Pferde waren da einfacher zu bezaubern als Menschen. Die zurückgelegten Ohren zuckten erst, dann entspannten sie sich. Dann entspannte das Tier mit einem lauten Wiehern, das den ganzen Körper durchschüttelte, und schließlich war es ruhig und ließ mich machen.

Ich suchte also nach einem Becher und einer Trinkflasche mit diesem ekligen Essigwasser, das die Römer tranken, und mischte das Gegenmittel an. Ich ging wieder zurück zu meinem freund und richtete ihn leicht auf, in seinem Rücken stehend, und führte den Becher an seine Lippen. “Wenn du Leben willst, solltest du das schlucken“, sagte ich und nach einer Pause, da er keine Anstalten machte, mitzuhelfen, fügte ich noch an: “Wenn ich dich hätte töten wollen, gäbe es weit spaßigere Wege als durch Gift.“
Ich wartete, bis ich ihn schlucken sah und er genug des Mittels eingenommen hatte, ehe ich ihn zum nächsten, geeigneten Baum zog und dort anlehnte. Ich wusste, dass das Gegenmittel seine Sicht etwas verschwommen machte. Es wirkte nur langsam und ließ mir sehr viel Zeit, all das zu tun, was ich wollte. Und ich musste mir keine Sorgen mehr machen, dass er mein Gesicht hinterher wiedererkennen würde, denn außer vielleicht meiner Haarfarbe und der Tatsache, dass ich einen kleinen Bart hatte, würde er sehr wenig erinnern.
Also lehnte ich seinen Kopf zurück und ließ ihn mich anschauen. Ich legte den Kopf schief und grinste leicht. “Streng dich nicht zu sehr an. Je mehr du kämpfst, umso langsamer wirkt das Gegengift. Hat etwas mit deiner Herzrate und dem Blut zu tun. Also entspanne dich und versuch nicht zu kämpfen. In ein paar Augenblicken solltest du zumindest deine Zunge wieder fühlen und reden können. Naja… langsam und leise.“

Ich ging kichernd von ihm weg und besah mir jetzt die anderen Opfer meiner Kunst. Das Pferd lag etwas abseits, zu dem ging ich als erstes und schnitt ihm schnell und sauber die Kehle durch. Ich hatte nichts gegen Pferde, also sah ich keinen Sinn darin, es länger als nötig leiden zu lassen. Und bei ihm die Prozedur umzukehren würde zu lange dauern, zumal es sich beim Fallen die Beine ziemlich ungünstig verdreht hatte.
Dann ging ich zu den beiden Soldaten. Den einen hatte ich tief in die schulter getroffen, den anderen nur leicht angekratzt. Der wäre besser geeignet.
Ich wuchtete trotzdem erst den mit Pfeil in der Schulter etwas hoch und schnitt seine Tunika vom Körper und friemelte dann an der darunter befindlichen Schutzausrüstung, um sie abzunehmen. Die Augen des Kerls waren schmerzhaft verzerrt dabei und er wimmerte kaum hörbar.
“Du meintest vorhin, dass ich verstehen würde, dass gestorben werden muss, wenn ich Römer wäre. Nun… ich verstehe es. Ich verstehe es sehr viel besser als du, mein Freund. Aber du verstehst es nicht. Noch nicht. Naja, glaube ich.“
Ich war soweit fertig und zerrte jetzt den einen Legionär – ich war mir sicher, dass es einer war, wenngleich er sich verkleidet hatte – so, dass der Tribun seinen Mann sehen konnte und lehnte auch diesen mit dem Rücken an einen Baum, damit er nicht umfiel. “Warum müsst ihr Kerle immer so schwer sein?“ Das war einer der Gründe, warum ich Frauen bevorzugte. Naja, nicht der entscheidende, aber trotzdem. Meistens tötete ich Männer eher schnell.
Ich seufzte, als ich ihn endlich so weit hatte, und drehte mich zu meinem Freund um. Leicht legte ich den Kopf schief und grinste. Vielleicht konnte er schon antworten. Vielleicht auch nicht. “Du hast bei dem Medicus so viele Fehler begangen. Deine Schnitte waren schlampig und voller Ungeduld. Du wolltest zum Ende kommen und die Macht fühlen, aber der Weg dahin war dir zu lang und beschwerlich. Du hast so geschnitten...“
Ich zückte eines meiner nicht-präparierten Messer und fing an, seine Arbeit großzügig zu wiederholen, um ihm zu zeigen, dass ich verstanden hatte, was er getan hatte. Und auch, um seine Reaktion zu sehen, ob es für ihn einen Unterschied machte, ob er den Mann kannte, vielleicht sogar mochte, oder nicht. “Aber siehst du, wie viel Blut dabei fließt. Wie tief die Schnitte sind? Wie lang hat der dürre Bursche das durchgehalten, ehe er zum ersten Mal ohnmächtig wurde? Hast du danach gewartet, bis er wieder aufgewacht ist, oder konntest du auch dann nicht stoppen?“ Ja, ich wollte ihn kennen lernen, verstehen, was er tat und ob er so war, wie ich, oder doch nur einer von den normalen Menschen.
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Falke
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RE: [Wälder um Iscalis] Nicht nur der Täter kehrt an den Ort des Verbrechens zurück - von Ciaran - 02-11-2024, 12:37 PM

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