RE: [Wälder um Iscalis] Nicht nur der Täter kehrt an den Ort des Verbrechens zurück
Der Pfeil traf Quirinus in den Oberschenkel. Er wurde wie aus dem Nichts abgeschossen, und er traf ihn wie ein tödliches Insekt. Ich wusste nicht, mit welcher Teufelei man ihn imprägniert hatte, aber der Kamerad fiel an zu schreien, die Augen traten ihm aus den Höhlen und eine mächtige Ader pulsierte auf seiner Stirn.
Der zweite war Gavius. Es ging ganz schnell. Ein sauberer Schuss durch den Hals. Ihm war nicht mehr zu helfen.
Sentius und Pinarius reagierten. Sie sprangen in die Mitte unserer Pferde, zerrten sie an den Zügeln und zwangen sie, ihnen Deckung zu geben. "Komm mit, Tribun", hatte Sentius noch gerufen und mir helfen wollen. Ich aber hatte seine Hand abgeschüttelt.
"Zieh ihn raus, zieh ihn raus!", flehte Quirinus mich an und deutete auf den Pfeil, der ihm im Oberschenkel steckte. Wie ein Rasender gebärdete er sich. Ich ließ die Finger davon. In meinem ersten Jahr war ich in Flavia Neapolis in Syria als Kohortenführer stationiert gewesen. Die Einwohner der neu gegründeten Stadt besaßen alle Laster und keine der Tugenden der Orientalen. Ich erkannte Gift, wenn ich ihm begegnete, durchaus.
Meine Kameraden, die hinter den Pferdeleibern Schutz gesucht haben, riefen mir halblaut zu: "Hier ist Deckung, komm! Rette dein Leben Tribun Ovidius!"
Auch sie spannten nun ihre Bögen.
Aber ich gab ihnen das unmissverständliche Handzeichen, dass ich nicht wünschte, dass sie schossen.
Ich kam nicht zu ihnen, und ich suchte keine Deckung, obwohl ich mir fast sicher war, dass ein dritter Pfeil nicht fehlen würde.
Ein Römer gewann am Ende nicht, weil er schneller lief oder härter kämpfte als seine Feinde. Er gewann durch die Überlegenheit des lateinischen Geistes, der klar und strahlend wie ein Licht über der Welt aufgegangen war.
Ich stand ganz still und aufrecht da. Stille im Körper, Stille im Gemüt. Der Gedanke, dass es gleich mit mir zu Ende sein könnte, erschreckte mich nicht.
Nur das Wimmern des sich auf dem Boden wälzenden Quirinus störte die andachtsvolle Ruhe.
Ich hätte ihn gerne von seinen Qualen erlöst, doch es gab zu viele Zeugen, und der Mann war ein Kamerad. Man mochte mir das später übel nehmen.
Der Mörder war hier. Er war es, der Menschen in Bäume aufhängte wie grausige Dekorationen. Ich verstand die Schönheit, die er aus Fleisch und Blut schuf, mit allen Fasern meines Seins.
- Gib mir die Möglichkeiten der Macht, und wir werden noch großartigere Kunstwerke schaffen, mein Freund -
"Salve! ", rief ich und hob beide Hände in Brusthöhe. Mein Gladius hing auf der linken Seite, da ich keinen Schild mitführte, aber ich hatte nicht vor, mich mit dem Mörder zu duellieren:
"Lass bitte ab von meinen Männern, Fremder! Ich bin nicht gekommen, um Krieg zu führen! Zeige dich!"
- Würde der Mörder den Mut besitzen, herauszukommen? Oder würde ein dritter Pfeil meinem eigenen Leben ein Ende setzen?-
Die ewige Nacht, die auf der anderen Seite wartete. Ich merkte wie sich meine Lippen zu einem Lächeln verzogen, denn meine Narbe spannte wieder einmal.
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