RE: [Thorianum B] B IV Didia Corona
Ich hatte keine Ahnung, wo das alles auf einmal herkam, aber Maesa hatte sowas wie einen kleinen Nervenzusammenbruch. Oh, die kleinen und großen Nervenzusammenbrüche kannte ich schon zu genüge, das kam immer wieder, aber warum ausgerechnet jetzt und ausgerechnet wegen mir, das verstand ich nicht.
“Ich bin derselbe, der ich gestern war, und derselbe, der ich morgen sein werde. Du kennst mich“, versuchte ich, sie zu beruhigen, aber keine Chance. Jetzt kamen Tränen hinzu, und alles, was Maesa so auf dem Herzen lag, sprudelte nach und nach aus ihr heraus. Nicht, dass ich das alles nicht schon wusste. Genau deshalb hatte ich ja meinen Plan. Aber ihre Verzweiflung war dennoch nicht einfach zu ertragen. Und natürlich musste sie wieder mal mit einem Krug werfen.
Und natürlich war ihre Klage auch nicht fair. Das hier war ein ruhiges, nettes, neues Haus mit ruhigen, netten, anständigen Nachbarn. Die einzigen, bei denen häufiger Geschrei und Tränen vorkamen, waren wir. Vermutlich wären rundherum alle froh, wenn die schrullige Witwe ausziehen würde. Ein Drecksloch war es aber ganz sicher nicht. Nur eben kein großer Palast mit tausend Sklaven und opulenten Festen, das war alles.
Ihr letzter Satz aber erwischte mich doch etwas kalt, weil sie mich dabei so verzweifelt ansah. Ich wusste, dass es nicht mir galt, nie mir gelten würde und sie einen reichen Patrizier mit tausend Sklaven damit meinte, den sie heiraten konnte. Liebe war in den Kreisen, in denen unser beider Familien sich bewegten, vollkommen fremd. Und in armen Kreisen ebenso, da ging es ums überleben. Ich fragte mich, ob es überhaupt jemanden gab, der dieses Gefühl wirklich für sich leben konnte und danach die Partnerwahl ausrichten konnte. Vermutlich nicht.
Trotzdem hatte ich kurz einen Kloß im Hals und erwischte mich dabei, dass ich ihr sanft meine Hand auf eine Schulter gelegt hatte. Was hatte ich damit vorgehabt? Sie an mich ziehen und trösten? Ich war wohl wirklich ein Erdmännchen, was auch immer das war. Nicht zu schnell, aber doch in gebotener Zeit nahm ich meine Hand wieder weg. Ich berührte sie nicht, wenn es nicht sein musste, und gerade eben musste es nicht wirklich sein.
“Ich weiß“, sagte ich also und wandte mich von ihr ab, der Wand mit dem zerbrochenen Krug zu. Wie so oft sammelte ich Scherben auf. “Du musst nicht mehr lange durchhalten. Sobald die Schifffahrtswege wieder öffnen, kontaktiere ich ein paar Leute und finde heraus, wo Quintius Cato sich aufhält. Danach müssen du und Serafina nur noch zwei Wochen auskommen.“ Warum erzählte ich ihr das? Sie sollte davon eigentlich nichts wissen, um schwören zu können, nicht beteiligt gewesen zu sein. Ich sollte mich besser unter Kontrolle haben. Auch für mich waren es nur noch wenige Wochen, die ich das tun musste.
Ich stand auf und trug die Scherben zu unserem Eimer, in dem wir die Abfälle sammelten, um sie gesammelt alle paar Tage auf den großen Haufen in der Nähe zu werfen. “Und bis dahin wäre ich dir sehr verbunden, wenn du nichts mehr zerbrichst.“
Wird für einen Freigelassenen von Didia Corona gehalten
|