RE: [Thermopolium der Nimue] Gehen ein Grieche und zwei Germanen in eine Bar....*
Die Gepflogenheiten der Gabinier waren schon sehr seltsam für Leander. Nun, nicht das, was Gabinius Secundus tat, der sich einfach etwas kaltes einpackte, das machte viele, gerade die, die zur Mittagszeit noch unterwegs waren. Aber das, was Gabinia Clara erzählte, verwunderte ihn doch sehr.
“Eure Köchin kocht für jeden Bewohner ein eigenes Mahl, und das zu Mittag? Und abends zur Cena?“ Es war Neugier, die aus Leander sprach, auch wenn ihn in dem Moment klar wurde, dass die Lebenswelten der Gabinier und der Plautier wohl nicht zusammenpassen würden. Ihre Köchin würde den Bewohnern der Domus Plautia was husten, wenn diese schon mittags ein warmes Essen verlangten, und sie das dann auch noch an einzelnen Vorlieben ausrichten sollte und nicht eben die Wochenplanung zumindest im Groben schon zuvor festgemacht wurde, damit sie auf dem Markt auch alles benötigte und nicht vorrätige einkaufen konnte. Immerhin war der Markt nur einmal in der Woche, wie überall üblich.
Gabinius Secundus kam schwer beladen zurück, und Leander beeilte sich, aufzustehen und ihm die Sachen abzunehmen. “Oh, Gabinius, du hättest etwas sagen sollen! Ich hätte doch mittragen können!“ meinte er erschrocken angesichts der mitgebrachten Mengen.
Er setzte sich wieder und nippte an seinem Wein. Er war gut gewürzt und warm. Leander meinte, Lorbeer und Pfeffer zu schmecken, dazu ordentlich Honig und einige orientalische Noten. Vermutlich Nelken.
Gabinia Clara fragte nach seinem Vater. “Ja, der edle Rechtsgelehrte Caius Plautius Seneca wohnt hier in Iscalis. Nicht zu verwechseln mit seinem entfernten Verwandten Aulus Plautius Montanus, zu dem nur sehr wenig Kontakt besteht.“ Leander fiel wieder einmal auf, dass sein Familienname falsche Assoziationen wecken konnte. Plautius Montanus hätte einer täglich nach Gelüsten der Bewohner wechselnden, warmen Mittagsküche sicher mehr abgewinnen können als Leander. Vielleicht sollte Leander daher doch mehr sagen, um auch letzte Gedanken einer Verbindung der beiden zu zerstreuen. “Da der edle Plautius Seneca nur zwei Töchter aber keinen Sohn hatte und ich ihm als Sklave lange Jahre treu gedient habe, war er so gütig, mich freizulassen und als Erben zu benennen.“ Damit wäre dann wohl Leanders Stand gänzlich geklärt, hoffte er.
Gabinius Secundus stellte hingegen eine Frage, die Leander überraschte. Er stutzt kurz, nippte noch einmal kurz an seinem Wein und überlegte. “Nun, diese Frage hat sich mir nie gestellt. Und wenn ich darüber nachdenke, halte ich sie auch für einen ziemlich sicheren Weg, unglücklich zu werden. Auch wenn es sicherlich spannendere Dinge als Gesetzestexte gibt und diese weit weniger lyrisch sind als ein Vergilius Maro oder ein Ovidius Naso, würde ich mich mit meiner Arbeit hieran nicht als unglücklich beschreiben. Ebenso mit meiner Arbeit im Archiv. Ich kann helfen, Ordnung in das Chaos zu bringen und damit Menschen helfen, die Hilfe brauchen. Es ist vielleicht nicht so ruhmreich wie im Namen Roms schlachten zu gewinnen, nicht so aufregend wie durch Jagden Nahrung zu beschaffen oder Bestien zu bezwingen, nicht so philosophisch wie Gedichte oder Forschung. Aber ich finde, der Vergleich schmälert nur den empfundenen Wert. Und wenn ich wählen müsste, diese großen Taten oder doch die Kleinen, alltäglichen Dinge, dann bin ich sehr zufrieden mit eben diesen kleinen Hilfestellungen und träume nicht von den großen Heldentaten, die zwar leuchtend strahlen, letzten Endes in ihrer Außergewöhnlichkeit den Menschen aber weniger helfen als die vielen, unbemerkten, kleinen Dinge.“
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