RE: [Thermopolium der Nimue] Gehen ein Grieche und zwei Germanen in eine Bar....*
Der Weg, der von Gabinius Secundus eingeschlagen worden war, war etwas weiter, als Leander erwartet hätte. Im Grunde mussten sie durch die halbe Stadt laufen, aber ganz unrecht war es Leander so oder so nicht, denn so hatte er ausführlich Gelegenheit, sich Gabinia Clara auch unauffällig anzusehen. Und sie war hübsch. Schlank, von schöner Statur und augenscheinlich guter Gesundheit. Ja, es war ein wenig seltsam, eine Frau zu beäugen, als wäre sie eine Ziege, die man kaufen wollte, aber abseits von romantischen Schriftstellern und ihren Ideen war das in der römischen Gesellschaft ja in der Tat nicht sehr viel anders. Die Ehe war ein Geschäft zum gegenseitigen Nutzen, vornehmlich der Zeugung von Erben und der Abwendung von Hunger und Tod. Also beschwerte Leander sich sicher nicht, eine potentielle Braut erst einmal in natürlicher Bewegung unauffällig ansehen zu können, bevor er weitere Schritte überdachte.
Je näher sie sich dem Stadtkern näherten, umso gewisser war Leander, wo sie hingehen würden. “Ah, ich sehe, du hast meinen Ratschlag bezüglich Nimues Thermopolium beherzigt und weißt ihre Qualitäten zu schätzen“, meinte ich an Gabinius Secundus, als wir uns der Stelle näherten.
Im Grunde lebte das Thermopolium wie alle seiner Art vom Verkauf zur Mitnahme: Menschen kamen mit ihren Töpfen und Schüsseln und kauften sich vornehmlich ihr Abendessen, um es zuhause mit der Familie zu verzehren. Im Gegensatz zu Wirtshäusern war das auch nicht infam oder anrüchig. Nur das Essen außerhalb des eigenen Hauses galt als unfein, und Wirtsleute waren deshalb infam, da der Großteil von deren Geschäften darin bestand, die Gäste, die über Nacht blieben, auch anderweitig zu versorgen, vornehmlich mit den Schankmädchen.
Und deshalb gab es bei Nimue auch überhaupt keine Gelegenheit, sich hier einzuquartieren, und die meisten Leute nahmen ihr Essen in eigenen Schalen mit sich nach Hause. Lediglich ein winziger Teil war mit ein paar wenigen Tischen ausgestattet, so weit weg von der Essensausgabe, dass man es für ein anderes Geschäft halten mochte, und es gab auch keine Bedienung, die zweifelhafte Angebote machte, sondern man musste wie alle anderen sich sein Essen selbst an der Ausgabe abholen und dann eben selbst zu den Tischen tragen und eben nicht so fein tatsächlich außer Haus essen. Allerdings hatte diese Aufteilung des Geschäftes den Vorteil, dass es auch für Damen geeignet war und nicht ihrem Ruf schaden würde.
Sie suchten sich also einen möglichst blickgeschützten Tisch, um die Ehre der anwesenden Dame zu warten, und Leander las auf den großen tafeln, was Nimue heute kochen wollte. Da erst Mittag war und das Prandium die unwichtigste Mahlzeit des Tages darstellte im Gegensatz zur Cena bei Eintritt der Dämmerung, war das Angebot jetzt am Nachmittag noch überschaubar und bestand noch hauptsächlich aus kalten Speisen, während die warmen Speisen für das allabendliche Geschäft gerade erst zubereitet wurden und noch ziehen mussten.
“Gestern Abend gab es Schinken mit Kohl und Rüben mit einer süßsauren Sauce. Falls die Dame etwas essen möchte“, meinte Leander nach kurzem Studium der vorhandenen Möglichkeiten. Es war üblich, die übrigen Speisen des Vortages am nächsten tag als Mittagstisch zu servieren. Ansonsten waren wohl nur kalte Alltäglichkeiten wie Brot und eingelegtes Gemüse vorhanden. Immerhin war Winter und die Cena noch ein gutes Stück entfernt. Gerade schrieb Nimue die Tafel für eben jene, wo es wohl ein Wildragout mit Möhren und Pastinaken, sowie süßscharfe Erbsen und verschiedene Eierspeisen geben sollte.
Aber im Grunde waren sie ja nur hier, um etwas zu trinken, was den Weinhändler nebenan, der mit Nimues Hilfe ein gutes Geschäft machte, freuen sollte.
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