RE: Als Gladiatorenmedicus
Castorius bereitete ihm wenig Sorgen? Dann war er dumm. Natürlich sagte ich das nicht, aber jemanden zu verärgern, der in eine machtvolle Position aufsteigen würde, einfach nur, weil man gerade schlechte Laune hatte, war ziemlich dumm. Oh, ich verärgerte auch oft genug Leute, vornehmlich die Ehefrauen meiner Kunden. Aber ich hatte davon einen Gewinn. Der Medicus hingegen gewann gerade gar nichts, nur einen Feind. Aber es war nicht an mir, ihn oder irgendjemand anderen da zu belehren, denn wie gesagt: man stieß niemanden vor den Kopf, wenn man nicht etwas davon hatte.
“So wie ich das sehe, sind Wünsche das einzige, was von Belang ist“, antwortete ich also stattdessen auf seinen Einwurf mit einem weiteren Lächeln und sah durch das vergitterte Tor nach draußen, wo man die Gladiatoren kämpfen sehen konnte. Vermutlich verpasste ich gerade den ganzen Spaß, weshalb ich mir fest vornahm, nicht allzu lange hier zu bleiben, nur um dem dürren Mann zu beweisen, dass ich über mein Leben selbst bestimmte und mich nicht so einfach vertreiben ließ. Ich glaubte nicht, dass er sich meine Gesellschaft leisten konnte, und wenn doch, dass er daran Interesse hatte. Wobei, nein, seine Worte ließen den Schluss zu, dass er sehr wohl Interesse hatte, wie die meisten Männer Interesse hatten, aber dass er kein Interesse haben wollte und sich deshalb selbst davon zunehmend überzeugte, mich nicht zu mögen. So passte es eher. Und ich kannte das Muster.
Der Kampf draußen war vorbei und die Kämpfer kamen zurück. Ich saß immer noch dort auf dem Tisch, wo wahrscheinlich die verletzten hinsollten. Aber so schlimm verletzt waren die beiden Kämpfer nicht, der Medicus redete irgendwas von einer Schnittwunde mit einer Narbe, aber das fand ich nicht so wild. Da hatte ich schon schlimmeres nach einer Tavernenschlägerei gesehen.
Wie er darauf kam, ich könne dem Mann das Gesicht waschen, verwunderte mich aber. Ich blinzelte kurz verwirrt und schaute dann zu dem Mann hinüber. “Warum sollte ich ihm das Gesicht abwaschen? Den Schweiß und Staub hat er sich so mühevoll und redlich verdient. Ich kann doch nicht die Abzeichen der Ehre einfach abwischen“, flirtete ich leicht mit dem Mann und hüpfte dann doch mit einer geschmeidigen Bewegung nun von dem Tisch, um zu dem siegreichen Gladiator hinüberzuspazieren und ihn ein wenig zu necken. “Und du, großer Sieger, wurdest du auch verwundet?“ fragte ich ihn mit unschuldig großen Augen und sah zu ihm auf.
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