RE: Als Gladiatorenmedicus
Pytheas sah auf von seinen Binden. Er erblickte eine junge Frau wie aus schwarzem Marmor gemeißelt. Sie hatte in ihrem Auftreten eine Lässigkeit, die man entweder in die Wiege gelegt bekam, weil man ganz oben geboren wurde - oder die man sich mit viel Übung und Talent aneignete, weil man von unten kam und nach oben wollte. Pytheas tippte auf Letzteres. Er hatte von der jungen Frau gehört, auch wenn er selbst noch nicht das Vergnügen gehabt hatte. Sie war die Hetäre Kiki.
Das Römerinnen die Gladiatoren anschauen kamen - und beim Anschauen blieb es meist nicht- kannte er durchaus. Die Schwertkämpfer waren zwar infam, aber gleichzeitig verkörperten sie mit ihren trainierten Körpern Mut und Todesverachtung.
Bei Kikis Anblick wurden die Männer unruhig. Der Zottelige, den Bowen von einem Bärengeist besessen genannt hatte, sog hörbar die Luft ein, als wolle er sich an ihrem Duft berauschen. Doch da er sich nicht vom Platz rührte, griffen die Wachen nicht ein.
Die Situation passte Pytheas nicht wirklich: Die Männer sollten kämpfen und sich nicht so kurz vor einem Kampf von so viel geballter Weiblichkeit ablenken lassen. Aber bevor er etwas sagen konnte, machte Bowen schon eine einladende Handbewegung:
"Wir sind die Gladiatoren von Iscalis jawoll", sagte er stolz und streckte seinen Schildarm vor: " Tritt näher und willst du mal anfassen, schöne Dame", er ließ seine Muskeln spielen.
Da ließen sich die anderen Kelten auch nicht lumpen, und streckten ihre Arme vor.
Pytheas musste ein wenig lachen. Der Anblick großer, kampfgestählter Barbaren, die brav in einer Reihe darauf warteten, dass die nubische Hetäre ihre Muskeln begutachtete, hatte doch etwas Erheiterndes:
"Salve junge Frau", sagte er daher: " Diese Männer sind in der Tat die Gladiatoren und werden gleich kämpfen. Das werden sie aber nicht können, wenn dein Anblick die Blutzufuhr von ihren Muskeln in ihre südlichen Regionen leitet. Daher bitte ich dich, zu gehen. Es sei denn, du bist auch zum Kampf bestimmt worden - was ich weder hoffe und auch nicht annehme"
Erstens war keine andere Frau hier. Es gab weibliche Schwertkämpferinnen, aber eine Gladiatrix trat immer nur gegen eine andere Gladiatrix an. Und Kiki wirkte auch nicht kampfgestählt, sondern sehr weiblich und überaus appetitlich.
Jetzt merkte Pytheas, das er errötete. Er hatte keinen Grund gehabt, unfreundlich zu sein und dies war auch nicht seine Art. Er wurde verlegen. Die Wahrheit war, dass er selbst nicht gerne, wo er gerade war, war. Es lag ihm nicht, Wunden zu flicken, die vermeidbar gewesen wären. Der Tod gewiss einiger der jungen Männer schien ihm eine Verschwendung menschlichen Lebens. Doch wie so vieles hätte das kein Römer nachvollziehen können, weshalb Pytheas diese Meinung für sich behielt.
Die beiden Römer, die zur Gladiatorenschule verurteilt worden waren und als einzige eine gute Ausrüstung trugen, schnalzten mit den Zungen: "Schickt dich die Verwaltung? Komm schon her, du Hure" Sie machten Anstalten, auf Kiki zuzugehen, aber da knallte einer der Wachen, die sich bisher völlig ruhig verhalten hatten, warnend mit seiner Peitsche, und sie blieben stehen. Sie wollten noch etwas sagen, doch schon zog er ihnen eines über: "Haltets Maul! Zurück an das Gatter!"
Ach, das kam noch hinzu: Diese beiden durch ihre Verurteilung von Römern zu Staatssklaven Gewordene waren Bestien und brauchten Wärter, dachte Pytheas. Er zuckte entschuldigend die Schultern:
"Verzeih bitte erstmal meine harschen Worte. Ich wollte gar nicht unfreundlich sein, werte...Kiki ist dein Name, nicht wahr? Ich bin Pytheas Medicus, abgestellt zur ärztlichen Gladiatorenbetreuung - und du siehst ja selbst, dass sich nicht alle Männer hier zu benehmen wissen"
Titus Caesar Vespasianus Augustus (NSC)
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