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Als Gladiatorenmedicus
12-19-2023, 02:47 PM,
Beitrag #1
Als Gladiatorenmedicus
[Bild: Gladiator-jean-leon-gerome-mirmillon-a-g...diator.jpg]


(12-16-2023, 09:25 PM)Marcus Nautius Philus schrieb: Es war für Philus eine große Sache gewesen, dieses Großereignis organisieren zu dürfen und er hatte sich größte Mühe bei der Organisation gegeben. Nachdem das Wagenrennen schon nicht nach Saturninus‘ Vorstellungen gelaufen war, wurde diese Sache sogar umso wichtiger. Philus hatte zunächst mit den Behörden gesprochen, um mögliche Gladiatoren ausfindig zu machen. Dann waren da natürlich wackere Kelten, die sich einen Namen machen und Geld gewinnen wollten. Und natürlich gab es Sklaven. Diese armen Kerle hatten keine Chance und Philus fühlte sich schlecht dabei, sie hier abschlachten zu lassen, aber so funktionierten solche Sachen nun einmal. Manchmal wollten die Leute einfach nur einen Krieger durch Männer fegen sehen wie einen Bauern mit seiner Sense durch das Getreide.
Die Aufstellung sah nunmehr so aus, dass es zwei römische Gefangene gab, zu Gladiatoren ausgebildet, sechs keltische Krieger und so viele Sklaven wie eben nötig war, um den Blutdurst der Leute zu befriedigen. Ein jeder hatte zuvor vor ihm aufführen müssen, was er konnte und Philus glaubte, dass die Aufstellung alle zufriedenstellen würde. Natürlich hoffte er, dass die Gladiatoren hier den Sieg davontragen würden, um die Überlegenheit der römischen Ausbildung über die keltische zu demonstrieren. ‚Selbst ihre Gefangenen kämpfen besser als unsere Krieger‘ sollte es heißen. Oh, das würde Saturninus gefallen. Und dem Legaten sicherlich auch.

Ein jeder der Männer gab von der Masse einiges mehr her als sein Astérios, den er natürlich aus den Kämpfen heraushielt. Die Römer waren muskulöse Schränke, die als erste überhaupt die Ehre hatten, in Iscalis für Ruhm und Ehre zu streiten.
Die Kelten machten allesamt einen einschüchternden Eindruck. Lediglich einer von ihnen gab sich weniger wild, trug er doch römische Kleidung und war rasiert. Vier waren bärtig, ungepflegt und hatten Kriegsbemalung aufgetragen, um ihre Feinde einzuschüchtern. Und der letzte wirkte dem ähnlich, was die Kelten als „Berserker“ bezeichneten. Einen Mann mit der Seele eines Bären, der selbst mit abgeschlagenem Kopf noch weiterkämpfen sollte, so ungezähmt sei er. Nun, dachte Philus unangenehm berührt bei dem Anblick, für eine gute Show würde er schon sorgen.
Bei den Sklaven war man weniger sorgsam vorgegangen als bei den Gladiatoren. Die meisten hatte man notdürftig im Stile der Retiarier ausgestattet, wobei ein besonders großer die Ehre hatte, schwer gepanzert in den Kampf zu ziehen. Einer der Römer war nämlich ebenfalls Retiarius (wenn auch qualitativ weitaus besser ausgestattet als die Sklaven). Beim Kampf der beiden, den natürlich Philus organisiert hatte, würde es so aussehen wie in den Geschichten: Der vermeintlich unterlegene Held gegen das Monster; ein Kampf, den natürlich der Held gewinnen würde. Nichtsdestotrotz würde es ein geradezu poetisches Spektakel geben. Er bezweifelte nicht, dass der gutaussehende Mann dadurch rasch zum Publikumsliebling werden würde. Hey, man musste Legenden früh schaffen, so würde die Geburtsstunde der Spiele in Iscalis stets mit guten Geschichten im Gedächtnis der Leute verankert sein. 
Der Bärenmann der Kelten würde zunächst gleich dreien der Sklaven gegenübertreten, wie ein Bär bei der Hatz. Philus zweifelte nicht daran, dass er die armen Kerle niedermachen und vermutlich auch schauerlichste Art schänden würde (sofern sie nicht durch des Legaten guten Willen errettet würden), doch immerhin war er danach vielleicht müde genug, die folgenden Kämpfe gegen seine richtigen Gegner nicht mehr derart zweifellos zu dominieren. Eigentlich, dachte Philus, wäre es gut, wenn diese Bestie vor den Augen aller ihr Ende finden würde, als Sinnbild dafür, dass die Zivilisation immer gewann. Zur Not musste man ihm Kämpfer um Kämpfer entgegenschicken, bis einer gewann.
Technisch gesehen war es absolut möglich, dass Kämpfer hier überlebten. Doch es gab hier Männer, die würden, da war er sich fast sicher, sterben müssen. Der Tod des Wilden war gewissermaßen vorprogrammiert und vermutlich auch jener des gerüsteten Sklaven. Bei den übrigen kam es an, wie gut sie sich anstellten.

Als Saturninus Scaevus losgeschickt hatte, ihn zu suchen, war Pytheas noch nicht auf dem Marsfeld gewesen. Jetzt war er als
Gladiatorenarzt hier, um die Männer gesundheitlich zu überprüfen - wenn sie etwa an Sumpffieber litten, würde er sie nicht in die Arena schicken - und zu sehen, wie sie sich machten. Die beiden Römer waren Berufsverbrecher und dementsprechend gelassen. Sie hatten das Glück gehabt, wegen ihrer Statur zur Gladiatorenschule verurteilt zu werden, und dieses Leben schien ihnen gerade so gut wie ein anderes. Sie hatten auch nicht groß lernen müssen, zu töten. Sie hatten nur lernen müssen, es publikumswirksam zu tun.
Die Kelten waren zwei Köpfe größer als Pytheas und einschüchternd. Sie hatten ihre Gesichter bemalt,so dass sie wirkten wie irgendwelche Kreaturen aus der Unterwelt. Was so ein wenig Färberwaid doch ausmacht, dachte Pytheas. Als tapfere Krieger kämpften sie mit freiem Oberkörper. Einer von ihnen wollte sogar nackt in den Kampf ziehen und spuckte vor den beiden Römern aus. Was waren das für halbe Portionen! Bevor es zum Streit kam, drohte Pytheas gestenreich damit, ihnen das Preisgeld nicht auszuzahlen. " Du Heiler?", fragte einer. Pytheas nickte. Dann bat er ihn, die Hose wieder anzuziehen.  Sie waren nicht in Griechenland, wo die Athleten nackt auftraten.
Doch der Hosenlose war nicht einmal der Wildeste der Kelten. Pytheas registrierte, dass sie einem von ihnen ganz aus dem Weg gingen. Dieser war breitschultrig und hielt den Kopf gesenkt, lange verfilzte Zotteln fielen ihm über die Schultern. Als Pytheas ihn untersuchen wollte, entrang sich seiner Kehle ein... Knurren? Hatte er geknurrt. Die riesigen Fäuste öffneten und ballten sich.
Der Kelte, der nun eine Hose trug, deutete auf ihn: "Der ... Bär", sagte er.
"Du meinst, er hat schon einmal einen Bären getötet?", erkundigte sich Pytheas.
Der Kelte schüttelte den Kopf:
"Ist Bär.  Ein Bärengeist. Geh nicht hin, Heiler"
Pytheas zuckte die Schultern. Über die religiösen Vorstellungen der Kelten erlaubte er sich kein Urteil. Auch Louarn glaubte an dergleichen. Der Mann sah gesund aus, tauglich für die Arena, das genügte.
" Er meint, dass er von einem Bärengeist besessen wurde", erklärte einer der Kelten, der fast römisch aussah, das Haar kurz geschnitten:
"Im Kampf wird er zu einem Bären. Ich heiße übrigens Bowen"
"Alles in Ordnung bei dir, Bowen?"
Bowen nickte und wog sein Schwert prüfend in der Hand. Während er sich von einem Kameraden die Beinschienen festmachen ließ, nickte er:
"Ja, schauen wir mal. Ich hoffe doch sehr, als reicher Mann heute hier rauszugehen. Ich kämpfe für Iscalis", er reckte eine Hand: "Vivat Iscalis - das verstehen ihr Wilden natürlich nicht" , freundschaftlich knuffte er einen seiner Landsleute. Gleich würde er versuchen, sie zu erschlagen. 

Manche der Sklaven stand Angst in ihren Gesichtern. Das waren keine Leibwächter, sondern Landarbeiter, die nur das Pech gehabt hatten, größer und kräftiger als der Durchschnitt zu sein. Pytheas gab jedem von ihen einen großen Schluck Wein, versetzt mit Indischer Malve und Nepenthes. Sida cordifolia würde sie wach und wagemutiger machen, und die Opiummischung die Schmerzen nehmen. Mehr konnte er für die Männer nicht tun.

Als die Trompeten ertönten, und die Spiele begannen, richtete Pytheas sein Operationsbesteck, Verbände und Tücher. Er hoffte, er würde nicht allzu oft amputieren müssen.


Bildnachweis: Jean-Léon Gérôme, Public domain, via Wikimedia Commons

[Bild: 3_20_01_23_11_54_02.png]
Titus Caesar Vespasianus Augustus (NSC)
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