Als neuer Chef des Archivs hatte Leander nun weitaus mehr Befugnisse, als er es zuletzt hier in der Stadt hatte. Unter anderem konnte er Leuten Anweisungen erteilen und sie anleiten. Natürlich tat es das nicht unfreundlich oder herrisch, sondern wie gewohnt verbindlich und höflich. Dennoch hatten seine Kollegen schon feststellen müssen, dass sie ihm nicht mehr ungefragt ihre Arbeit aufbürden konnten, sondern selbst tätig werden mussten. Wenngleich er durchaus bei wirklicher Not auch mithalf und einige Arbeitsprozesse derartig vereinfacht hatte, dass die Abläufe nun auch flüssiger liefen und weniger Zeit in Anspruch nahmen als zuvor. Man merkte, dass Leander lange Jahre Maiordomus gewesen war und damit vertraut war, Menschen Tätigkeiten nach ihren Fähigkeiten zuzuweisen.
Und so war er auch heute im Bürgerbüro. Eigentlich nur, weil hier besseres Licht herrschte als im Archiv und er so besser arbeiten konnte. Deshalb saß er auch im Hintergrund, als der Princeps Officii mit einigen anderen Personen eintrat. Er schaute kurz zu ihnen herüber, da sie im Eingang erst einmal stehen blieben, was zwar den Verkehr behinderte, aber für Patrizier war das wohl zulässig. Zumindest würde niemand sie vom Gegenteil überzeugen wollen.
Als der Patrizier aber höchstselbst zum Schalter kam, stand Leander auf und wies mit einer Handbewegung an den eigentlich dort befindlichen, untergeordneten Beamten an, dass er sich selbst um diese Angelegenheit kümmern würde.
“Salve, ehrenwerter Furius Saturninus. Auch euch Grüße, Gabinius Secundus und Furia Stella.“ Immer schön dem Rang nach grüßen.
“Ich muss zugeben, ich bin ein wenig verwirrt. Ich bräuchte noch Datum und Art der Eheschließung und natürlich das Datum der Geburt.“ Und genau bei diesen Daten sah Leander die Schwierigkeit, denn ein Kind war nur dann ehelich, wenn es
innerhalb der passenden Zeit – nämlich frühestens 181 Tage nach Eheschließung und spätestens 300 Tage nach dem Ende der Ehe – geboren worden war. Und sowohl eine Ehe als auch eine Geburt hatten eigentlich die Frist von einer römischen Woche, um gemeldet zu werden. So oder so konnten sich alle beteiligten Mitarbeiter wohl gleich über eine kleine Zuwendung zur Begleichung der Unannehmlichkeiten freuen.