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RE: Das Heim der Priesterin
Callum war verwirrt. Nicht etwa wegen etwas, das er gelesen oder gehört hatte. Wegen einer Äußerung oder weil er orientierungslos gewesen wäre. Nein, Verwirrung gehörte zu seinem Wesen schon seit seiner Geburt. Stets hatte es Fragen gegeben. Stets hatte es Ängste gegeben. Und die Unsicherheit war ein alltäglicher Begleiter auf all seinen Wegen.
Eine kleine Ausnahme waren die Tage, die er in Iscalis verbrachte, wo ihn niemand komisch ansah. Doch selbst dies trug zu seiner inneren Zerrissenheit nur bei.
Wen wunderte es also, dass er sich nach Anleitung sehnte? Nach einer Richtung, welcher er folgen konnte. Es war nicht Calums erster Besuch an der Quelle und es würde nicht sein letzter bleiben.
Der junge Kelte, den man für einen Römer hätte halten können in seiner Tunika und mit dem dunklen Teint, stieg von seinem Pferd und sah sich zwischen den leerstehenden Ruinen um. Nur ein Haus war hier noch bewohnt, wie er wusste. Auf dieses hielt er, die Zügel der Stute in der Hand, langsam zu. Sein Ziel mochten die Quelle und ein kleiner Wink der Göttin sein, doch gehörte es schließlich zum Anstand, seine Ankunft wenigstens anzukündigen. „Gilda?“, rief der junge Mann und fragte sich, ob sie wohl daheim war. Nicht wissend, wo sich die Priesterin befinden mochte, klopfte er an die Tür. „Ich bin es, Calum. Ich bringe Opfergaben für die Göttin und auch ein paar Vorräte für ihre Priesterin.“