>>> Der Brautzug war so, wie ich es erwartet hatte. Doch ein wenig aufregend war es schon, so ein Fackelzug in der Dunkelheit. Die Menge applaudierte und rief:
Talassio! Ich verstand anfangs
thalassa, was im dorischen Dialekt "Meer " bedeutet, doch das ergab in Iscalis überhaupt keinen Sinn. Dann erst ging mir auf, dass dies der Hochzeitsruf war. Die Kinder, die Talassio riefen, bekamen zum Dank Nüsse zugeworfen. Mein Verstand funktionierte etwas langsam. Vermutlich weil ich den ganzen Tag über kaum etwas gegessen hatte. Der Gürtel drückte auch überhaupt nicht mehr.
Auf was ich nicht wirklich vorbereitet war, dass waren die Verse, die gesungen wurden. All diese Sachen von Schnecken, die knutschten und Vögeln, die schnäbelten. Dabei wollten sich Männer und Frauen ausschütten vor Lachen. Anaxarete und Prisca hatten mir ja jeweils erzählt, was mich in der Brautnacht erwartete. Die Gedichte gaben dem ganzen noch einmal einen neuen Aspekt. Es war wohl auch lustig oder komisch. Hmmmmm...
Je näher ich der Villa Iulia kam, desto mehr klopfte mir das Herz bis zum Hals. Gleich würde ich ihn wiedersehen, meinen geliebten Xerxes, mit dem ich jetzt verheiratet war. Er würde das Tor öffnen und fragen: Wer bist du?" Und ich würde erwidern: " Ubi tu Gaius ego Gaia" - Wo du Gaius bist, bin ich Gaia.
Wusste der Geier warum ausgerechnet Gaia, doch es war eben Tradition. Dann würde ich eine Fackel und ein kleines Krüglein Wasser in die Hände bekommen. Mit dem Wasser musste ich die Fackel auf einmal löschen. Das war wichtig, denn es war ein Zeichen meiner Jungfräulichkeit. Falls die Fackel weiterbrannte...
ojeoje. Ich war nicht immer geschickt mit sowas.
Danach würde ich von meinem Ehemann über die Schwelle getragen worden. Dabei durfte er nicht stolpern, denn ich durfte keinesfalls die Türschwelle berühren. Das erzürnte nämlich die iulischen Laren, die mich ja nicht kannten. Erst wenn ich ihnen geopfert hatte, konnte ich wie ein normaler Mensch ins Haus und auch wieder hinaus gehen. Ich nahm mir vor, mich beim Tragenlassen durch Cato ganz leicht zu machen. Vielleicht doch gut, dass ich nichts gegessen hatte.
Am Ende würde es dann ins Brautgemach gehen. Dort würde mir Iulius Cato den kompliziert gebundenen Herkulesknoten von meinem Gürtel lösen...
Sim off: Es gibt so viele verschiedene Versionen von römischen Hochzeitsbräuchen. Ich habe einmal diese hier genommen und nach meinem Gusto ausgeschmückt