RE: Die Ankunft der Straßenkünstler.
Den sanften Zug ihres Herrn spürte Cassia und so folgte sie dem Dunkelhaarigen in Richtung der Taberna. Als auch schon köstlichste Wohlgerüche dem Mädchen entgegen schlugen, so dass Cassia abermals den Eindruck hatte, ihr Magen würde seinen Inhalt nach oben katapultieren. Augenblicklich wandte sich die Fünfzehnjährige ab und atmete tief durch, in dem sie ihren Arm vor ihren Mund hielt. Zwar duftete ihre zerschlissene Tunika nun nicht unbedingt nach Rosen, aber dadurch gelang es Cassia ihren revoltierenden Magen wieder unter Kontrolle zu bekommen. Doch jetzt galt es erst einmal, den hier Anwesenden eine Show der Superlative zu bieten. Die Spinningelemente hatte Cassia geschickt entzündet, wobei sie peinlichst darauf achtete, dass sie mit den Flammen niemanden verletzte. Schon wirbelten die Feuerfackeln um das Mädchen herum und hüllten Cassia regelrecht ein. So dass man den Eindruck gewinnen könnte, die Braunhaarige wäre eine Feuergöttin. Selbstvergessen ließ Cassia die Feuerfackeln um sich herum wirbeln, während ein sanftes Lächeln auf ihren Lippen erschien. Die Wärme der Fackeln ließ Cassia nun nicht mehr ganz so arg zittern. Zugleich hatte sich eine steile Falte zwischen ihren Augenbrauen gebildet, was ihr einen äußerst konzentrierten Gesichtsausdruck verlieh. Ein deutliches Zeichen, dass ihre artistischen Kunststücke wohl nicht ganz so einfach waren, wie es dem geneigten Zuschauer eventuell vorkommen musste. Und da begannen auch schon die ersten Münzen in ihre Richtung zu fliegen. Münzen die geschickt von ihrem Herrn eingesammelt wurden. Später müssten sie zählen, wieviele Münzen ihr Auftritt eingebracht hatte. Auch wenn die Zuschauer am Hafen wohl kein allzu zahlungskräftiges Publikum sein konnte, so waren es doch immerhin Münzen, die vor ihnen im Schlamm lagen.
Das sich mittlerweile ein Kreis um die beiden Schauspieler gebildet hatte, ließ Cassia vergnügt vor sich hin lächeln. Während sie ihre Feuerfackeln weiterhin um ihren Körper wirbeln ließ. Immer wieder baute sie andere Kunststücke in ihre Vorstellung ein. Während es nun Nicander war, der die Aufmerksamkeit der Menschenmenge auf sich zog und Cassia ihre Feuerfackeln langsam sinken ließ. Geschickt löschte das Mädchen das Feuer und verstaute ihre Fackeln in ihrem Beutel. Anschließend trat sie etwas in den Hintergrund, als Nicander mit einem szenischen Stück begann. Jenes Stück kannte Cassia bereits in- und auswendig. Und dennoch war sie noch immer fasziniert davon, wie Nicander mit dieser schlafwandlerischen Sicherheit das Stück vortrug. Seine Bewegungen waren anmutig und seine Stimme wunderschön anzuhören. Dabei vergaß Cassia beinahe, die Münzen aufzusammeln, welche immer wieder in Richtung der beiden Künstler geworfen wurden. Schließlich war es an Cassia, ihrem Herrn die Requisiten zu reichen, die er während seinem Stück benötigte. Einige Zuschauer, besonders die Frauen, meistens Dirnen, brachen in regelrechtes Verzücken aus. Sogleich schoss Cassia giftigte Pfeile in Richtung eben jener Frauen, was natürlich nur metaphorisch zu bezeichnen war.
Schließlich fand das Stück ihr Ende und Cassia reichte Nicander die Münzen, die sie selbst gesammelt hatte. Nicander entdeckte schließlich en billiges, privates Balneum in der Nähe. Und Cassia war froh, dass sie sich den Schmutz und Staub der Überfahrt vom Körper waschen konnte. Auch ihre Haare wusch das Mädchen, welche sich sogleich um ihren Kopf kringelten. Sauber gewaschen betrat Cassia, nach ihrem Herrn die Taberna und ließ sich Nicander gegenüber auf einer der Bänke nieder. Hungrig tauchte Cassia den Löffel immer wieder in die Hühnersuppe, während ihr die Suppe über das Kinn lief, um sogleich von ihrer geschickten Zunge eingefangen zu werden. Die Wärme der Suppe begann sich augenblicklich in Cassia auszubreiten und ihre Wangen begann sich leicht zu röten. Als ihr Herr dann jedoch diesen tiefen Seufzer tat, ließ Cassia den Löffel augenblicklich sinken und blickte fragend in Nicanders Richtung. Und dann ließ der Ältere die Bombe platzen, welche Cassia bis in ihre Grundfesten erschütterte. Hatte sie gerade richtig gehört? Nicander wollte das sie ihn verließ?
“Nein!“
Stieß es sich abrupt über Cassias Lippen hervor, während es in ihren Augen flackerte und sie an Nicanders Seite trat. Augenblicklich fiel das Mädchen vor dem Älteren auf die Knie.
“Ich werde dich nicht verlassen Gebieter. Ich gehöre an deine Seite.“
Versicherte Cassia mit ihrer ruhigen Stimme, während sie zu dem Dunkelhaarigen empor blickte. Ihre Finger verschränkte sie unwillkürlich miteinander, da sie bemerkte wie diese leicht zu zittern begonnen hatten. Wie konnte Nicander auch nur so etwas schreckliches aussprechen?
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