Willkommen im Forum, Bitte Anmelden oder Registrieren

Die Ankunft der Straßenkünstler.
10-25-2023, 06:41 PM,
Beitrag #2
RE: Die Ankunft der Straßenkünstler.
Ich vertrug die Seefahrt nicht. Ich erkältete mich und kam nicht an Honig, von dem ich jeden Tag einen Löffel essen sollte, um meine Stimme zu schonen. Mir war schlecht, und die Kälte und Dunkelheit trugen nichts dazu bei, mich aufzumuntern. 
Es war ein unglückseliger Tag gewesen, als Cassia ihre Fackeln entzündete , um sich auf ihren Auftritt vorzubereiten, und ein Militärtribun auf Ausgang, der vermutlich nicht zu wenig vom süßen Wein getrunken hatte, sich hinter sie schlich und sie mit beiden Händen an die Brust fasste. Schauspielerinnen und alle vom Theater hatten einen schlechten Ruf. Wir waren infam und nicht besser als Prostituierte. 
Cassia zappelte und in ihrem Gesichtchen malte sich Empörung ab. Dabei verbrannte eine ihrer Fackeln  dem Mann an der Hand. Ich weiß nicht, ob es Absicht gewesen war oder nicht, doch schon umringten uns seine Kumpane und wenn ich etwas sicher wusste, so dass keine weltliche Macht Cassia Recht geben würde: 
"ERGREIFT SIE!", röhrte der Tribun. Ohne nachzudenken fasste ich Cassias Hand, und wir stürmten durch die Gassen davon. Al- Lat sei Dank kannten wir die verwinkelten Sträßchen und engen Passagen besser als die Römer, und wir wussten auch, wo sich die Dächer der Häuschen so zu Boden neigten, dass wir hinaufspringen und von Flachdach zu Flachdach davon laufen konnten. 
Aber: Wir konnten in Antiochia ad Orontem nicht bleiben. Wir lebten schließlich davon, dass Cassia jonglierte, und dass ich tanzte und sang und auf Märkten und Plätzen  die Stücke aufführte, die gerade im Theater populär waren. Würden wir uns vor dem Unmut des Militärtribunen verstecken müssen, würden wir keinerlei Einnahmen haben. 
Wir flohen. Wir gelangten nicht gleich nach Britannien, sondern allmählich, so wie die Sonne im Westen verschwindet, so folgten wir ihr innerhalb von zwei Jahren. Wir fuhren den großen Fluss Támesa hinab, und Londinium lag wie eine Erscheinung aus den Nebeln der Zeit vor uns. Ich hoffte, dass wir diesmal Glück haben würden. Nur dieses eine Mal. Hier am anderen Ende der Welt. 
Geht es dir gut, Herr?, fragte mich meine kleine Cassia. 
Ich lächelte sie an und verkniff mir ein Husten. Dann zitierte ich ihr etwas von Aristophanes, aus dem Stück "Der Ritter", indem ich die Rolle der beiden Sklaven aus der ersten Szene übernahm:

"Sprich du getrost, dann will ich schon dir sagen –
Willst du mir sagen, was ich sagen soll?
Lass hören,
Weißt du kein Lied zum Abschiedstanz von hier?
Nun, sag einmal: wir laufen, laufen, laufen!
Wir laufen, laufen.
Und setze hinter das Laufen noch das Wort Davon
Erst langsam laufen, schneller dann und auf und davon....
.... jetzt sind wir hier, Cassia"


Wir gingen von Bord. Wir reihten uns ein in die Mengen der Bettler, der Glückssucher, der Streuner in dieser Stadt. Unsere Kleidung war für das hiesige Klima nicht ausgerichtet. Wir froren erbärmlich.
Wieder sah es nicht so aus, als würde sich unser Schicksal wenden. Wenn ich nur nicht meine Stimme verlor!
[Bild: 1_26_01_24_4_43_25.jpeg]
[Bild: 3_15_08_22_9_43_44.png]
"Scheinsklave" Norbana Orestilla
Zitieren
 


Nachrichten in diesem Thema
Die Ankunft der Straßenkünstler. - von Cassia - 10-24-2023, 02:57 PM
RE: Die Ankunft der Straßenkünstler. - von Nicander - 10-25-2023, 06:41 PM
RE: Die Ankunft der Straßenkünstler. - von Cassia - 10-25-2023, 09:23 PM
RE: Die Ankunft der Straßenkünstler. - von Cassia - 10-27-2023, 03:50 PM
RE: Die Ankunft der Straßenkünstler. - von Cassia - 10-30-2023, 02:03 PM
RE: Die Ankunft der Straßenkünstler. - von Cassia - 11-07-2023, 11:47 AM
RE: Die Ankunft der Straßenkünstler. - von Cassia - 11-19-2023, 04:54 PM

Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste