RE: Ankunft des Statthalters Lucius Petilius Rufus
Lucius Petilius Rufus hob ganz leicht die Augenbrauen an.
Jetzt war es also so weit, dass ihm Schreiber namentlich vorgestellt wurden. Normalerweise wurde dieses erste Zusammentreffen dazu genutzt, die Honoratioren der gesamten Stadt der Reihe nach vorzustellen und ihre Verdienste dabei möglichst bunt hervorzuheben. Aber in Iscalis war das aufregendste, das sich vorzustellen lohnte, wohl ein junger Schreiber. Das kam in der Tat unerwartet.
Rufus deutete sowas wie ein minimales Kopfnicken an, zum Zeichen, dass er gehört und den jungen Mann wahrgenommen hatte, und ließ sich dann weiter aufklären, was sonst noch so geplant war, während die Parade auf dem Platz sich wieder in Bewegung setzte und dem Publikum so die Freuden einer Reiterprozession zuteil werden ließ.
“Gibt es bis heute Abend noch stadtseitig organisierte Vergnügungen für das Volk?“ fragte Rufus, denn so etwas wie ein öffentliches Festmahl oder womit man sich hier so den Tag vertrieb, war nicht aufgezählt worden. Die meisten Städte allerdings nutzten die Ankunft des Statthalters für einen öffentlichen Feiertag mit allerlei Kurzweil vom alltäglichen Schuften.
Dass der Provinzbeamte Furius davon ausging, dass er noch mindestens zwei Tage bleiben würde, um Wagenrennen und Gladiatorenkämpfe anzusehen, war dann doch sehr selbstbewusst. Wäre die Lage anders, wäre Rufus überhaupt gar nicht nach Iscalis gekommen, sondern höchstens ins größere Lindinis in der Nähe. Aber gut, er blieb tatsächlich länger, allerdings nicht, um sich zu vergnügen.
“Die Termine vergibt mein Sekretär, Petilinius Pertax. Ich werde ihm sagen, dass du dich mit einer Bitte an ihn wenden wirst.“* Rufus selbst war die Reihenfolge reichlich egal. Es würde so oder so den ganzen Tag dauern, oder so lange, bis er ein Ende verkündete, weil ihm der Kopf rauchte.
“Ich residiere in der Castra. Ich werde aber ein paar meiner Begleiter dann in dieser Dienstwohnung einquartieren, sofern keine Iscaler Familien die Gelegenheit nutzen möchten, einen Sprössling hoher römischer Familien bei sich zu beherbergen.“ Normalerweise rissen sich die Leute darum, Besucher aus Rom aufzunehmen. Nicht nur, dass es eben ein wenig großstädtisches Flair verlieh, sondern aus dem ganz praktischen Grund, dass dann Jahre später Brief erfolgen konnten mit einem Inhalt wie: Erinnerst du dich noch an deinen Aufenthalt in Iscalis? Zufällig muss ich nach Rom reisen und benötige eine Unterkunft. Du erweist mir doch sicher den Gefallen... Ja, Gäste aus Rom waren üblicherweise überall heiß begehrt.
“Und ja, die Berichte waren in der Tat sehr beunruhigend, weshalb ich auch einen gründlichen Überblick über die Situation haben möchte, um über die angebrachten Maßnahmen zu befinden. Offensichtlich wurden in der Vergangenheit schwerwiegende Fehler begangen, die ich zu korrigieren gedenke.“
*muss nicht ausgespielt werden, der Termin ist gebongt
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