(10-03-2023, 01:48 PM)Accia Prisca schrieb: Natürlich wusste Prisca, dass er das sagen würde. Das war wohl auch der Hauptgrund, warum sie jetzt nicht weinend aus dem Zimmer lief, sondern es relativ gefasst aufnehmen konnte. Trotzdem konnte sie ihre Traurigkeit darüber nicht gänzlich verbergen, auch wenn sie versuchte, sich hinter ihrem Getränk weiterhin zu verstecken. Nur kurz blickte sie zu Corvus hinüber, aber nicht zu lange, da sie Angst hatte, sonst doch noch wieder zu weinen.
Er sagte dann auch, dass er in die Zivilverwaltung wollte, und Merula fragte, ob er ein Empfehlungsschreiben wollte. Prisca hatte gerade getrunken und verschluckte sich nun deshalb und musste Husten, um den Posca wieder aus der Kehle zu bekommen. “Ich bitte um Entschuldigung“, sagte sie, als sie wieder Luft bekam und stellte vorsichtshalber den Becher weg. Sie blickte von beiden Männern weg in den Raum. Ihr Mann hatte gefragt, wann Corvus gehen wollte, und sie kannte die Antwort. Sie wollte den beiden aber ihr Gesicht nicht zeigen in dem Moment, wo sie die Antwort hörte und es damit endgültig und beschlossen wäre. Eigentlich wollte sie am liebsten gar nicht mehr hier sein.
Ich war überrascht, als der Vilicus verkündete, er wolle das Haus verlassen um zukünftig in der Verwaltung arbeiten zu können. Er war ja auch noch sehr jung. Kaum älter als ich oder die Domina. Daher war es verständlich, dass er etwas aus seinem Leben machen wollte und nicht auf ewig in diesem Haus versauern wollte.
Der Dominus schien auch Verständnis für ihn zu haben und bot ihm sogar an, ihm ein Empfehlungsschreiben mitzugeben, damit er bessere Chancen hatte, eine gute Stelle zu bekommen.
Als die Domina sich plötzlich verschluckte und sie heftig zu husten begann, war ich natürlich sofort bei ihr und versuchte ihr zu helfen. Glücklicherweise bekam sie schnell wieder Luft und entschuldigte sich. Ich wollte ihr ihren Becher reichen, damit sie noch einmal trinken konnte, doch sie wandte sich vollkommen ab von den beiden Männern und auch von mir, als der Dominus den Vilicus fragte, wann er denn gehen wollte.
Ich spürte, dass gerade etwas sehr seltsames in der Domina vorgehen musste. Etwas, was sie zutiefst betrübte. Ja, ich hatte sie öfter mit dem Vilicus gesehen. Aber daran war nichts Anstößiges gewesen, denn er war ja da gewesen, um sie beim Führen des Hauses zu unterstützen.
Nur mit halben Ohr verfolgte ich die Antwort von Tarutius Corvus mit, als er sagte, er wolle bereits morgen schon gehen und dass er mit einem schweren Herzen ginge. Nun sah ich kurz auf, als er weiter sprach und verlautbaren ließ, dass er sich in mich verliebt habe und dass er mich dem Dominus abkaufen wolle.
Wie vom Blitz getroffen saß ich da, weil ich nicht wusste, was ich sagen oder tun sollte. Nein, sagen durfte ich auf keinen Fall etwas. Doch ich konnte hilfesuchend zu der Domina schauen. Schließlich gehörte ich ja ihr! Ich wusste nicht, wie mir geschah! Wieso sollte er mich denn lieben? Nie hatte er etwas zu mir gesagt und auch ich hatte nie ein Signal an ihn gesandt, dass ich etwas für ihn empfinden würde.