RE: Cubiculum MSM | Die Stunde der Wahrheit!
Der Medicus hatte sich in das Zimmer führen lassen, das er schon so gut kannte. Als er eintrat, erblickte er schon die hochgewachsene Gestalt der Hausherrin. Tapfere, junge Frau.
"Salvete werter Sabinius Merula und werte Accia Prisca", grüßte er
Pytheas, der im Grunde seines Herzen an nichts glaubte, was man nicht beweisen konnte, hatte an jenem Morgen besonders darauf geachtet, das Opfer und sein Gebet an die Göttin Hygeia nach allen Regeln zu vollziehen, und auch jetzt wusch er sorgfältig seine Hände und Arme bis zu seinen Ellenbogen.
Er wusste nur zu gut, was Sabinius Merula die letzte Zeit hatte ertragen müssen. Das Nepenthes verwirrte den Verstand, und um ihm vom Verlangen zu befreien, hatte der Medicus bereits in den letzten Zubereitungen den Anteil des Opiums immer mehr verringert. Dadurch hatte Merula mehr Schmerzen, war aber auch wieder klarer und wacher. Nur seine eiserne Disziplin, die ihm als Excenturio in Fleisch und Blut übergegangen war, hatte ihn das alles durchstehen lassen. Ein anderer hätte ihn, Pytheas, vielleicht schon angefleht, ihn mit mehr Nepenthes zu erlösen.
Pytheas hatte seinen Patienten täglich besucht, um die Zahnräder der Apparatur weiter zu drehen und das operierte Bein weiter zu strecken. Die Wunde hatte sich nicht entzündet. Die beiden Narben waren glatt und nicht wulstig. Soweit Pytheas jetzt fühlen konnte, war ein wirklicher Knochen gewachsen, auch wenn das Bein dünner war als das andere, doch das war ein muskuläres Problem, keines neues Pseudogelenk. Er legte seine Wange an die Stelle und stellte auch keinerlei Überwärmung fest. War alles gut gegangen, dürfte Sabinus Merula heute zwar etwas unsicher, doch das erste Mal seit langer Zeit schmerzfrei auf seinen beiden Beinen stehen und gehen. Wenn alles gut gegangen war... leider gab es keine Möglichkeit, in einen Menschen hineinzuschauen, so wünschenswert das gewesen wäre.
Gerade jetzt wünschte sich der Medicus so sehr, dass sein Werk gelungen war - auch um der jungen duldsamen Matrona Willen, die so lange am Krankenbett ihres Gatten ausgeharrt hatte. Sie würden endlich ein normales Eheleben führen können. Sie würden bald Kinder haben können.
Pytheas schaute beide Römer freundlich an. "Es sieht so weit ich es beurteilen kann, sehr gut aus", sprach er nicht laut:
"Bist du bereit, Herr?", fragte er Merula.
Titus Caesar Vespasianus Augustus (NSC)
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