Ich kannte den Weg, auch wenn ich nicht wusste, wieso und weshalb. Ich war hier noch nie gewesen, und doch
erinnerte ich mich an den Weg. Hinter einer Tür ging eine Treppe nach oben, die ich, drei Stufen auf einmal nehmend, hinauf spurtete. Oben öffnete sich gerade das Gegenstück der Tür, und eine ältere Frau stand da. Sie hatte Teller und Schüsseln in den Händen und erschrak, als sie mich sah. Die Teller fielen, noch ehe meine Axt sie einmal quer über ihre Brust traf. Der Schrei, den sie von sich geben wollte, kam halb erstickt heraus, und ging unter in dem Geräusch der fallenden Teller.
...Wieder öffnete sich irgendwo eine Tür und Licht fiel herein. Diesmal rannte ich wild entschlossen hindurch. Eine ältere Frau ließ erschrocken irgend etwas fallen, es klapperte und schepperte hinter mir auf dem Boden....
Ich folgte dem Weg und sah von oben auf einen Garten herunter. Aber der interessierte mich nicht mehr, als er musste, um mich zu vergewissern, dass dort kein Bogenschütze stand und mich ins Ziel nahm. Ich knurrte, weil ich das Zimmer nicht fand, zu dem mein Gefühl mich trieb und es mir so vorkam, als würden tausend Türen aus dem Nichts erscheinen.
...bis ich endlich den passenden Geruch wahrnahm. Hinter einer verschlossenen Tür konnte ich sie riechen, aber ich kam nicht dorthin.... Keine Ahnung, was mich in diese Richtung führte, aber ich wusste, dass ich richtig war, als ich die Wache vor dem Zimmer stehen sah. Und die sah mich auch, und diesmal rief er als erstes und zog eine Klinge. Egal, von unten drangen jetzt auch vereinzelte Kampfgeräusche und Schreien herauf, darauf kam es nicht mehr an. Und nach Außen schluckten die dicken Mauern und die Bauweise und die feiernde Festtagsgesellschaft ohnehin alles.
Der Typ war gut, verdammt. Ich blockte seinen Angriff mit einer Axt, bekam aber seine freie Faust ins Gesicht und taumelte erstmal rückwärts. Er setzte nach und hatte jetzt den Vorteil des Angreifers, und ich musste mich verteidigen. ...
Ein Blick zur Seite zeigte mir ein menschliches Konstrukt, ein Regal oder so etwas, und ich kletterte daran hoch, warf allerlei Krimskrams dabei davon herunter... Ich sah das Regal an der Wand, ein Brett, gehalten von daruntergenagelten Holzscheiten, auf dem jede Menge Töpfe, Schüsseln und Teller standen. Ein Hieb von unten gegen solch eine Strebe mit meiner Axt, und das Ding krachte vor mir ein, auf meinen Angreifer, der sich gerade auf mich stürzen wollte, als er von Tontöpfen angefallen wurde. Instinktiv riss er zum Schutz dagegen einen Arm hoch, während es um ihn schepperte und klirrte, und ich sprang mit den Füßen voraus in das Chaos und traf ihn mit beiden Beinen an der Brust. Er taumelte vom Schwung rückwärts, die Brüstung krachte halb ein und er hielt sich nur eben so gerade an einem Holzpfosten, der ihn daran hinderte, in den Garten zu stürzen.
Ich war schneller wieder auf den Füßen als er und zog ihm eine meiner Äxte quer durch Hals und Gesicht. Er fiel nach hinten durch die Brüstung in den Garten. Fuck, aber ich hoffte, dass meine Brüder unten gut aufgeräumt hatten und es darauf nicht mehr ankam. So reich war Erwan ja auch nicht, dass er eine Hundertschaft an Sklaven hätte.
Ich brauchte einen Moment, um mich loszureißen und kam zu der Tür.
“Niamh?“ fragte ich grade so laut, dass es nicht als Brüllen zählte und schaute mir die Tür an. Ein dicker Riegel war mit einem Schloss gesichert. Ich war ganz sicher richtig hier. Das Schloss brach erst beim dritten Schlag ab, so dass ich den Riegel öffnen und die Tür nach innen aufbrechen konnte.
Und da war sie. Nicht schlafend, wie in meinem Traum, aber sie war da, und ich konnte mich einen Moment nicht bewegen. Ich wusste, wie ich aussehen musste. Oberkörper frei, aber dafür blau bemalt und von oben bis unten voller Blut. Von den Scherben draußen hatte ich ein paar Kratzer. ...
Fell zerzaust und Schnauze zerkratzt.... Dazu die bluttropfenden Äxte. Wahrscheinlich sah ich aus wie einem Albtraum entsprungen. Aber trotzdem stand ich da und meine Brust hob und senkte sich in schweren Atemzügen, während ich sie aus goldbraunen Augen nur anstarren konnte. Ich glaube, ich hatte noch nie etwas so schönes gesehen wie jetzt gerade.