RE: Die Amtsübernahme des Statthalters Lucius Petilius Rufus
Lucius Petilius Rufus saß auf seinem curulischen Stuhl.
Er hatte mehrere davon, einmal in der großen Basilica des neuen Forums, das gerade erbaut wurde, wo er die öffentlichen Gerichtsprozesse durchzuführen gedachte. Dann ebenfalls einen in dem großen Empfangssaal im Praetorium, wenn er in seiner Eigenschaft als Statthalter Gesandte und Bittsteller empfing. Doch der, auf dem er gerade saß, stand in einem einfachen, recht unprätentiösen Raum nahe seiner Privatwohnung im Praetorium, den er als Officium nutzte.
Um ihn versammelt war eine halbe Legion an Schreibern und Sklaven, die versuchten, beim Schriftverkehr nicht den Überblick zu verlieren. Angesichts der Fülle an Schreiben, die jeden Tag eintrafen zu den unterschiedlichsten Dingen, war dies eine größere Aufgabe, als der gemeine Römer annehmen mochte. Wenngleich die meisten Schreiben gar nicht von Rufus selbst beantwortet oder auch nur angesehen wurden, handelte es sich doch häufig genug um einfache Anfragen, für die er schon recht früh eine Handlungsmaxime herausgegeben hatte.
“Sind inzwischen alle Städte über meine Ankunft informiert worden?“ fragte er niemanden bestimmten. Der Zuständige meldete sich üblicherweise von selbst.
“Noch nicht ganz. Wir gehen von West nach Ost vor. Die Städte ganz im Osten fehlen noch“, meldete sich dann auch gleich ein Schreiber.
“Ich möchte, dass dies in den nächsten zwei Tagen abgeschlossen ist. Informiert die Städte auch gleich über meine Reisepläne, damit sie sich vorbereiten können, ehe ich eintreffe.“
Als Legatus Augusti Pro Praetore hatte man nur eine sehr begrenzte Zeit, alle dinge der Provinz zu regeln. In den meisten Provinzen war dieses Amt auf ein Jahr begrenzt. In als schwierig geltenden Provinzen oder neuen Provinzen hatten die Statthalter auch zwei oder drei Jahre. Außer, es lief schlecht, dann ging es üblicherweise schnell. Rufus’ Cousin Cerealis hatte dies am eigenen Leib erfahren, war er doch zwei Mal nach Britannia geschickt worden, da ihm sein erster Besuch hier beinahe die Karriere gekostet hatte und erst einige Jahre später beim zweiten Anlauf zum Erfolg geführt hatte. Ein Schicksal, dass Rufus wiederum nicht zu teilen wünschte.
“Und ich will auch mit den Gebieten anfangen, die am unruhigsten sind. Erstellt eine Liste mit den Vorkommnissen und Problemen und vor allen Dingen, informiert dann auch die jeweiligen Legionen rechtzeitig, sofern meine Reise sie betrifft.“ Rufus war ein freund davon, seinen Legaten nur einen Rahmen vorzugeben, innerhalb welchem sie operieren durften, ohne sich zu sehr einzumischen, sofern es nicht nötig wurde. Gegenseitiger Respekt war häufig eine gute Voraussetzung für fruchtbare Zusammenarbeit, solange sie nicht als Schwäche missverstanden wurde. Aber auch für diesen Fall hatte Rufus die nötige Erfahrung, um diese Dinge zu regeln.
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