RE: Volksfest anlässlich des Regierungsjubiläums des Kaisers
Die letzten Wochen hatte ich mich regelrecht verkrochen, könnte man sagen. Ich hatte mich nicht großartig auf Festen sehen lassen und viele meiner Kunden sträflichst vernachlässigt. Wahrscheinlich waren einige mir deshalb nun abtrünnig und hatten sich andere Vergnügungen und andere Mädchen, mit denen sie diese teilen konnten, gesucht. Aber ich war darüber weniger traurig und wütend, als ich eigentlich hätte sein sollen. Seit ich Owain das Versprechen gegeben hatte, mit ihm so bald als möglich nach Londinium zu gehen und dort frei von Sorge ein neues Leben als Mann und Frau anzufangen, hatte ich wenig Lust verspürt, andere Männer zu verführen.
Aber ich musste. Wir brauchten Geld. Und dafür musste ich mich sehen lassen.
Ich hatte mich also aufgebretzelt, wie man es von mir erwarten konnte zu einem Fest zu Ehren des Regierungsjubiläums des Kaisers, meine beste Seide angelegt und die sündhaftesten Schuhe, die ich besaß, dazu dezenten Schmuck, der aber in der Sonne schön glitzerte und eine feine Hochsteckfrisur, für die meine Mutter eine stunde gebraucht hatte, um sie wie etwas aussehen zu lassen, was man so eben nebenbei machte.
Mit Owain an meiner Seite betrat ich also dieses doch schon sehr gut besuchte Fest. Die Stimmung war ausgelassen und hatte etwas saturnalienhaftes an sich. Ich sah auch recht viele Sklaven, die mit an den Tischen saßen und mitfeierten, weshalb ich es als kein Problem erachtete, Owain an meiner Seite zu belassen. Gut.
Ich schlenderte mit gekonntem Hüftschwung am erhobenen Tisch der Honoratioren vorbei und grüßte mit einem züchtigen Nicken oder kleinen Lächeln die bekannten Gesichter. Ja, das war das Zeichen für: Ich bin wieder da. Ihr könnt gucken. Anfassen kostet aber, wie üblich. Danach schlenderte ich weiter und suchte einen freien Platz an den Tischen, wo Owain und ich nebeneinander würden sitzen können. “Kannst du uns etwas zu trinken bringen, und vielleicht auch etwas zu essen? Es riecht verführerisch“, bat ich meinen blonden Schatten, ehe ich mich zu den anderen am Tisch umdrehte und sie mit verführerischem Lächeln grüßte.
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