RE: Hochzeit von Lucretia Serena und Tiberius Furius Saturninus
Prisca hatte die Zeremonie mit Interesse von der Seite verfolgt. Sie fand es immer noch faszinierend, dass Lucretia Serena tatsächlich verkauft wurde an ihren Ehemann, auch wenn das alles natürlich nur rituell war. Dennoch war sie jetzt nicht mehr Teil ihrer Familie, hatte dort keinerlei Erbansprüche mehr, keinen Platz mehr in deren Grabstätte, nichts. Prisca war sich nicht ganz sicher, ob sie die Freundin betrauern deshalb sollte, denn sie selbst hätte gern ihren Bruder nicht mehr als Teil ihres Lebens gehabt. Aber nicht mehr die Tochter ihres Vaters zu sein, nicht die Gewissheit zu haben, eines Tages als Asche bei seiner zu ruhen und von ihm im Reich der Schatten auf dem Asphodeliengrund begrüßt zu werden, das hätte sie schon schwer bedrückt.
Sie sah also zu, wie aus Lucretia Serena nun Furia Serena wurde und spendete artig mit den Fingern schnipsend Beifall, als alles vorüber war. Dann war Serena verheiratet und Prisca hoffte für sie, dass sie glücklicher werden würde als sie selbst in ihrer Ehe. Sie schlenderte ein wenig am Rand des Geschehens entlang und überlegte schon, wann sie sich verabschieden konnte, um wieder nach Hause zu gehen. Eigentlich hatte sie es nicht eilig, dort hin zu kommen, aber sie fühlte sich hier etwas fehl am Platze.
Naja, so lange, bis sie jemand flüsternd begrüßte, den sie nicht hatte kommen sehen. Bei seiner Stimme zuckte sie herum und war einen Moment erstaunt sprachlos, dass er so vor ihr stand mit diesem wahnsinnig verzaubernden Lächeln und überhaupt, dass er sie begrüßte und mit ihr sprach. Ungefähr eine halbe Sekunde danach setzte das schlechte gewissen ein. Nicht wegen des einen, wundervollen Kusses, den er ihr geschenkt hatte, von dem ihr Mann nichts wusste, und nicht, weil ihr Mann zuhause war und sein Bein auskurierte und dabei sicherlich Schmerzen hatte. Prisca hatte Anweisungen gegeben, wie oft er Schmerzmittel bekommen durfte und wann, während sie weg war, aber trotzdem. Aber nein, in diesem Moment schob sich irgendwie das Bild von Tarutius Corvus in ihren Geist, und sie war selber ganz verwirrt deshalb und wusste gar nicht, was sie da gerade fühlte. Sie wollte das auch gar nicht. Balventius Scapula war charmant und gutaussehend und aufmerksam und gutaussehend, hatte sie schon gutaussehend erwähnt? Und aus irgendeinem unerfindlichen Grund wollte er sie. Er hatte es ihr deutlich gesagt und gezeigt. Sie sollte ganz und gar hin und weg von ihm sein. Warum also dachte sie dennoch an Tarutius Corvus?
Sie schob den Vilicus in Gedanken beiseite und lächelte Balventius Scapula schüchtern an. “Balventius Scapula, du hast mich überrascht. Ich habe dich vorhin gar nicht gesehen und dachte schon, du wärst nicht eingeladen oder verhindert“, versuchte sie sich in Konversation, wobei ihr Blick viel öfter, als er sollte, von seinen Augen etwas tiefer zu seinen Lippen glitt. Aber natürlich musste sie an diesen Kuss denken. Ihr Leben lang würde sie daran denken, es war das einzig schöne, was ihr im letzten Jahr passiert war. Oder zumindest fast das einzige.
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Vormund (Tutor): Aulus Carisius Primus (NSC)
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