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RE: Taberna "Zum Weißen Pferd"
Nachdem ich Helena, so nannte ich sie bereits bei mir, deutlich gemacht hatte, wer das Sagen hatte, wurde mein Ton milder. Ich durfte sie nicht gleich erschrecken. Zuckerbrot und Peitsche. Jetzt kam das Zuckerbrot. Früh genug würde sie schon merken, was mir gefiel und wenn sie nicht mehr wollte, würde ich damit drohen, alles ihrem Vater zu verraten. Es gab Gesetze, die die Bürgerinnen schützten. Aber waren wir einmal ehrlich: Jeder ging davon aus, dass die Frau die Schuld trug. Ein Mädchen, das in einer Taberna saß? Ich bitte euch, das war nicht so unschuldig wie es tat.
Vorfreude. Das Gefühl vor einer Schlacht. Vor einer Plünderung. Vor einer Hinrichtung. Und dass ich Helena gerade als meine Geliebte auserkoren hatte.
"Ursprünglich komme ich aus der Hauptstadt", erzählte ich: "Ein ritterlicher Militärtribun durchläuft drei Ämter in drei Jahren. Im ersten Jahr war ich in Iudäa in Flavia Neapolis als Kohortenführer stationiert" Syrerinnen. Falsche orientalische Schlangen, die nur kuschten, wenn sie die Peitsche spürten:
" Flavia Neapolis wurde von unserem Kaiser nach dem Sieg von Prinz Titus neu gegründet. Drumherum nur Wüste, werte Iuventia. Für mein zweites Jahr als Tribunus Angusticlavius wurde ich nach Britannien versetzt. Hier ist es weit grüner und lieblicher. Grüner, weil es häufiger regnet. Lieblicher, weil du mir gegenüber sitzt", ich tat so, als sei ich über meine Aussage erschrocken. Ich senkte den Blick. Unter meinen Lidern beobachtete ich die Wirkung auf meine Helena:
"Entschuldige diesen letzten Satz. Doch du kannst dir nicht vorstellen, was es bedeutet, einmal wieder mit einer echten jungen Römerin zu reden. Du erinnerst mich an meine jüngere Schwester Ovidia"
Ich hatte gar keine Schwester. Aber das Erwähnen von weiblichen Verwandten schuf eine Atmoshäre des Vertrauens. Zuckerbrot sage ich nur:
"Ich hoffe sehr, dass ich nach diesem Posten zum Hilfstruppenpräfekt befördert werde. Iscalis gefällt mir als Ort. Wenn erst einmal Ordnung herrscht, kann man bestimmt gut leben. Ich möchte mich gerne hier endgültig niederlassen. Heiraten"
Wir höheren Militärs durften heiraten. Heiraten war der Köder. Ich kostete vom Wein. Er war hervorragend. Ich goss nur wenig Wasser dazu:
"Hmm Falerner. Deine Tante hat einen guten Weinkeller. Erzähle mir doch ein wenig von dir, werte Iuventia. Was machst du gerne?"
Leider hatte sie ihre Hände gerade sittsam in den Schoß gelegt. Sonst hätte ich sie zufällig berühren können. Ein wenig rot war sie geworden, das stand ihr gut.