RE: Atrium | Ein neuer Vilicus im Haus
Den jungen Mann im Hintergrund hatte Prisca gar nicht bemerkt. Vielmehr schaute sie etwas besorgt zu ihrer Schwiegermutter hinüber, die wirklich krank aussah. Prisca hoffte, dass sie sich bald erholte, denn sie wusste, ja, wie es war. Sie war neu ins Haus gekommen und die Mutter des Hausherren wurde krank. Was lag da näher, als einen Zusammenhang zu konstruieren? Aber Prisca hatte nichts getan! Auch wenn sie Naevia Calida mit anderen Augen sah, seit Nysa ihr gesagt hatte, dass sie Merulas Halbschwester war, würde sie sicher niemanden vergiften. Sie wüsste ja noch nicht einmal, wie das geht, und hätte viel zu viel Angst, beim Kauf von so etwas erwischt zu werden, oder auch nur jemanden zu fragen, ob er Gift hätte.
Sie stand also da und wusste nicht, wohin mit sich, als ihr Mann dann zu sprechen anfing und verkündete, dass der Eingriff am nächsten Tag stattfinden würde. Priscas Nervosität stieg sprunghaft an, denn dieser Eingriff konnte das Ende ihrer jungen He bedeuten. Nicht, dass sie so sehr an ihrem Mann und diesem Haus oder ihrem Titel gehangen hätte, aber noch weniger wollte sie wieder zurück zu ihrem Bruder und sich dem Spott, der sicherlich kommen würde, ergeben. Aber sie bemühte sich, möglichst ruhig und stoisch dazustehen und sich nichts anmerken zu lassen.
Und im nächsten Augenblick stellte Merula auch einen neuen Vilicus vor, von dem sie auch noch nichts wusste. Jetzt konnte sie ihre Überraschung vor den Sklaven wohl nicht so gut verstecken, denn überrascht drehte sie sich leicht um und suchte nach dem angesprochenen, und erst jetzt fiel ihr der junge Mann auf, der irgendwo bei den Sklaven gestanden hatte und jetzt nach vorne trat. War sie enttäuscht über die Entscheidung ihres Mannes? Ja und nein. Sie hatte geglaubt, dass er ihr wirklich die Buchhaltung anvertrauen wollte, und das wäre vielleicht doch ein Zeichen dafür gewesen, dass sie sich vielleicht doch näher kommen und vertrauen würden. Aber andererseits verstand sie sehr gut, dass er das lieber einem Mann anvertrauen wollte als seiner Frau, die so etwas noch nie gemacht hatte.
Sie sah sich den jungen Mann an, der nicht viel älter als sie sein konnte. Irgendwie kam er ihr bekannt vor. Hatte sie ihn schon einmal gesehen? Der Name sagte ihr nichts. Sie glaubte nicht, dass sie irgend einen Taurutius kannte. Aber trotzdem kam er ihr irgendwoher bekannt vor. Und er war gutaussehend. Vielleicht war es auch das? Er war schlank, ohne schlacksig zu wirken, gut gebaut, ohne muskulös zu wirken, hatte ein ebenmäßiges Gesicht und war ungefähr so groß wie sie selber. Unter anderen Umständen, damals in Londinium, hätte sie jemandem wie ihm sicher hinterhergeschaut. Nicht so verzweifelnd schmachtend wie bei Balventius Scapula, natürlich, aber doch zumindest so, dass sie ihn sympathisch gefunden hätte. Aber jetzt waren solche Gedanken natürlich ganz und gar unangebracht, insbesondere, wo ihr Ehemann direkt vor ihr saß. Auch wenn der nicht so fesch war.
Vormund (Tutor): Aulus Carisius Primus (NSC)
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