RE: Unter Kelten - Nach der Razzia in Cheddar
Saturninus hatte von Deirdres Hütte aus wieder sein Pferd bestiegen und war zum Dorfplatz geritten. Er war weithin kenntlich als einer der Besatzer, und obwohl er ahnte, dass man ihn vielleicht hassen und mit den Tätern von gestern in einen Topf werfen würde, zögerte er nicht. Mehr noch als Mut war es Hochmut, der ihm innewohnte. Er war schließlich ein Bürger Roms und dazu noch ein Patrizier. Es gab nichts Vortrefflicheres auf dieser Welt. Er würde sich vor Barbaren keine Blöße geben.
Auf dem Platz warteten die Kelten, die Owain versammelt hatte. Darunter waren viele ältere Leute; es gab aber auch eine Menge Kinder. Irgendwie hatte Saturninus nicht mit Kindern gerechnet, die ihn rothaarig und blauäugig trotzig anstarrten.
Er sah Owain und winkte ihn mit einer Geste zu sich:
"Du übersetzt mir, was ich zu sagen habe", sagte er. Aufmerksam musterte er die Menge. Eine Hand am Zügel, eine falsche Bewegung, und er würde sein Pferd wenden und entfliehen. Er hatte wie gesagt keine übersteigerte Angst, aber lebensmüde war er auch nicht:
"Mein Name ist Tiberius Furius Saturninus.", sprach er, als etwas Ruhe einkehrte:
"Wer von euch ist befugt, für Cheddar zu sprechen und mir Bericht zu geben, was gestern Nacht geschehen ist?"
Saturninus Stimme war rhetorisch geschult, und er sprach sein klares, akzentuiertes Latein. Wie mochte es in den Ohren der einfachen Zuhörer klingen? Da eine kurze Pause entstand, musterte er die Leute genauso, wie sie ihn, seinen Mantel, den Purpurstreifen an seiner Tunika und seine Schuhe, die mit einem Halbmond verziert waren, musterten. In der ersten Reihe stand ein alter Krieger, der der ganze Unterschenkel fehlte, daneben eine zottelhaarige, in seinen Augen hexenartig wirkende Frau mit Stock. Wenn dieses grausige Weib mir jetzt vorjammert, dass es vergewaltigt worden ist, dann lügt es sicherlich, dachte er zynisch.
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