tMeine Mutter hatte zuweilen ein einnehmendes Wesen. Warum sie nun meine Frau als Tochter begrüßt hatte, erschloss sich mir nicht. Wahrscheinlich lag es einfach daran, dass sie meine Schwester schrecklich vermisste, die nun doch sehr weit weg wohnte und wahrscheinlich wollte sie Prisca einfach das Gefühl geben, dass sie hier willkommen war und nun einfach zur Familie gehörte.
Diesem Gespräch war natürlich ein Vier-Augen-Gespräch zwischen meiner Mutter und mir vorausgegangen, in dem sie mir ihre Absicht erklärt hatte, in Zukunft kürzer treten zu wollen und alle Verantwortung Stück für Stück an Prisca abzutreten. Ich hatte ihre Entscheidung begrüßt, denn meiner Frau würde es sicher gut tun, wenn sie eine sinnvolle Beschäftigung hatte und sich nicht langweilte. Gelangweilte Frauen neigten zuweilen zu unüberlegten Handlungen!
Als sie nun Prisca erklärte, was es alles zu tun gab, war ich der Meinung, dass sie alles in die Tat umsetzen wollte, wovon sie in unserer kleinen Unterredung zuvor gesprochen hatte. Doch dann begann sie plötzlich wieder zurückzurudern, als sie meinte, dass sie die Einteilung für eine unbestimmte Zeit doch noch fortführen wollte.
"Ich halte es für vernünftig, Prisca in alles einzuweisen und ihr am Anfang die nötige Unterstütung zu geben. Doch dann solltest du wirklich an deinem Vorhaben festhalten, dich zurückzuziehen."
|Naevia Calida
Das hörte Calida gerne, dass ihre Schwiegertochter nun langsam heimisch wurde. Sie war sich sicher, ein wenig geduldig mit ihr sein zu müssen, weil sie doch so schüchtern und zurückhaltend gewirkt hatte, als sie sie zum ersten Mal getroffen hatte. Umso besser war es, wenn sie ihr nicht zu viel auf einmal auflud. Und vielleicht manches auch ger nicht auflud. So zum Beispiel die Aufsicht über die Sklaven. Dabei erfuhr man so manches, was ihr sonst verborgen geblieben wäre.
Als Priscs sie nun plötzlich fragte, ob sie hier bliebe oder sich mit dem Gedanken tröge, womöglich auszuziehen, schaute sie etwas irritiert.
"Aber natürlich bleibe ich hier! Wo sollte ich denn hin? Meine Familie lebt in Rom." Ein Umzug nach Rom schien ihr doch sehr beschwerlich und kam für sie auch nicht in Frage. Fast dreißig Jahre war sie nun schon fort von Rom. Nein, nein, sie würde hier bleiben!
Dann fing auch noch ihr Sohn damit an, sie solle sich zurückziehen. Ihre Miene veränderte sich zusehends. Aus dem freundlichen Lächeln wurde ein säuerliche Miene.
"Na, wenn das so ist...", meinte sie dann plötzlich, ließ aber offen, welche Konsequenz dann drohte.
Ich seufzte leise, als Mutter sich echauffieren wollte. Das konnte ich nun wirklich nicht gebrauchen. Gerade mit Hinblick auf seine bevorstehende Operation, konnte und wollte er es sich mit ihr nicht verscherzen. Denn wer sollte denn alles regeln, wenn die Operation wider erwarten nicht gelang?
"Aber Mutter, so habe ich das doch nicht gemeint! Es war doch dein Wunsch gewesen, kürzer zu treten. Und Prisca wird das alles lernen! Davon bin ich überzeugt!" Ich blickte von der einen zur anderen Hausherrin und hoffte, die Wogen würden sich glätten. Es gab nichts schlimmeres als rivalisierende Frauen. Das war schlimmer, als einen Aufstand wilder Stämme niederzuschlagen!
"Aber gut, fahren wir fort!" begann ich schnell, um das Thema zu wechseln.
"Als nächstes wird der Eingriff an meinem Bein anstehen. Gleich morgen werde ich Beatus zum Medicus schicken, um einen Termin dafür zu vereinbaren. Ich möchte, dass es zeitnah geschiet. Natürlich wird das den Alltag aller tangieren, die in diesem Haus leben. Darum ist es mir wichtig, dass jeder weiß, was er in dieser Zeit zu tun hat!" Und vor allem, wer die Legion führte!