Dunduvan erhob sich und holte sich einen Teller voll vom Reh. Er hatte immer noch einen Brand und Hunger, was wohl die Nachwirkung des Gesöffs war, dass ihm Ciaran verabreicht hatte. Also trank er auch noch einmal zwei Becher Wasser. Dann drückte ihn die Blase. Er verabscheute es, an seinen Körper erinnert zu werden. Aber heute war er
da. Beim Pissen schmerzte ihn der Penis. Das kam vom vielen.... Dunduvan kam zurück und bemühte sich, all das auszublenden.
Ciaran hat mir nicht den Geist geöffnet, dachte er,
sondern er konfrontiert mich gerade mit meinem Leib.
Dunduvan behandelte sich generell nicht achtsam, vergaß das Essen, weil er keinen Hunger hatte. Aber jetzt war jedes Bedürfnis stark. Er hatte sich noch nie so lebendig gefühlt wie mit Niamh.
Alun erwähnte sie gerade:
Apropos Astloch.
"Sprich nicht so von ihr", brauste Dunduvan auf, und dann griff er sich an den Kopf.
Scheiße, was war das nur? Außerdem: Sie hasste ihn.
"Sie ist eine Keltinfürstin von hoher Geburt, die nach Britannia geflohen ist", schob er als Begründung nach und wusste selbst, wie lahm das klang. Als ob sich die Falken je um so etwas geschert hatten. Er fragte sich aber einen Moment selbst, wo Niamh, die weinend fort gelaufen war, steckte.
Dann wandte er seine Aufmerksamkeit wieder dem Gespräch zu.
Cathbad war also übel gelaunt wie sonst auch und noch undurchsichtiger war als sonst. Doch seine Zögerlichkeit diente zweifellos einer höheren Absicht. Wieder einmal merkte Dunduvan, wie er für Cathbads Handeln gute Gründe suchte:
"Ich war im letzten Jahr bei den carnutischen Druiden in Gallien. Dort verbrachte ich einige Monde und kehrte dann mit Pyr Automaton zurück, das ich in der Falkenhöhle versteckt habe.
Das Pyr Automaton ist eine Paste, die sich durch einen Tropfen Wasser selbst entzündet und selbst Steine zum Bersten bringen kann. Warum ich es holen sollte, besprechen wir noch. Ich wollte aber gerade von Gallien erzählen.
Die Gallier waren immer Kelten wie wir, wenn auch mit etwas anderen Gebräuchen. Heutzutage ist es ganz anders: In wenigen Jahrzehnten sind die Meisten von ihnen Römer geworden. Seit Kaiser Claudius sitzen sogar welche im Senat in Rom. Sie haben auch ihren alten Glauben vergessen oder den Römern angepasst. Ein Teil ihrer Druiden ging in den Untergrund, aber es gibt auch Druiden, die sich so weit erniedrigen und nun in ihren Tempeln dienen. In Tempeln, in denen man tausend Mal ein Ritual wiederholen muss, wenn man sich in einem Wort geirrt hat, doch die Götter geben nicht einmal je Antwort, weil sie dort gar nicht lebendig sind.
Was ich allerdings in Gallien begriffen habe: Die Römer sind zahlreich wie die Sterne. Es sind viel mehr als nach Britannien gekommen sind, und ihnen stehen viele Völker, die sie unterworfen haben und die für sie Kriegsdienst leisten, zur Seite. So ähnlich wie die germanischen Hilfstruppen hier, ohne die auch die Eroberung nicht gelungen wäre. Für jeden, den wir töten, können sie fünfzig andere schicken.
Kein Wunder, dass Cathbad genau abwägt, wie wir am effektivsten angreifen.
Und hier kommt dem Willen der Götter äußerste Priorität zu. Cathbad selbst hat die Prophezeiung empfangen, dass das Ende des Imperiums nahe ist. Es ist dieser Moment, den wir ergreifen müssen, und keinen früher oder später. Den kairos"
Dunduvan, der von Cathbad unterrichtet worden war, benutzte das griechische Wort für "den richtigen Zeitpunkt".
Gignōske kairon. Den richtigen Zeitpunkt erkennen. Wenn man die Römer vertreiben wollte, kam es darauf an:
"Alles andere sind nur Wespenstiche, die man einem Bären versetzt, ihn damit reizt und nicht mehr"
Er sah besonders Ciaran an. Die Zwillinge schienen nie so erpicht auf den Unterricht gewesen zu sein, der der reinen Wissensvermittlung diente, fand Dunduvan. Cathbad hatte allerdings nie jemanden gezwungen.
"Aber kryptisch ist der Alte bis ins Mark, da habt ihr Recht. Wisst ihr eigentlich wie viele wir sind? Wusstet ihr von Raven?", brachte er die Sprache auf die
Falkin.