RE: [Die Marschen von Sabrina] Unser neues Heim
„Eine kleine Rabenfedertochter würde ich genauso willkommen heißen“, erwiderte ich und ließ Stellas schwarze Flechten durch meine Hände gleiten. Sie war so schön und mir so nahe, und ich hätte am liebsten meinen Mund in ihrem Haar vergraben und ihr gezeigt, wie sehr ich sie liebte.
Es war rührend, wie sie sich ein Käsebrötchen wünschte, und es war so, dass ich ihr keines geben konnte. Sie hatte früher einfach Sylvana den Befehl geben müssen und dann war aus der Küche wie von Zauberhand ein goldgelbes Brötchen vor ihr aufgetaucht. Nun musste man erst einmal den Weizen sieben, damit die Spelzen flogen und ihn zwischen zwei Steinen mahlen, denn wir hatten nicht einmal eine Handmühle. Und wenn der Weizen gemahlen war,wurde er mit Wasser und Salz (das wir den Göttern sei Dank hatten) zu Fladen gebacken. Selma wurde gemolken und der Käsebruch wurde angesetzt. Gelbes Labkraut und Brennnesselsaft mussten dazu gefügt werden. Es fiel Molke an, die sollte Stella zur Kräftigung haben. Und so weiter und immerfort mit dem Tagewerk.
Meine Fridila hatte ein heißes Getränk aus Preiselbeeren zubereitet, welches ich trank. Es hatte draußen begonnen, zu schneien. Stella dachte an Durs und daran, ihn zu uns hineinzubitten. Ich wäre lieber bei ihr geblieben, doch es gefiel mir, dass sie an meinen Knecht dachte.
Ich erhob mich, um ihn zu holen, als es auf dem Dach noch mit dem Hammer klopfte, und ich war an der Tür, als es urplötzlich still wurde und dann ein heiserer Schrei, gefolgt von einem Schlag erfolgte, als wäre ein schwerer Körper auf den Boden gefallen.
Ich lief nach draußen. Es schneite, und im Weiß der Schneeflocken erkannte ich nur schemenhaft eine schwarze Gestalt auf der Erde. Ganz zusammengekrümmt war sie, sie glich fast nicht mehr einem erwachsenen Mann. Unser starker Durs war vom Dach gestürzt.
Ich kniete mich zu ihm hin, nahm ihn auf die Arme. Sein Leib war schlaff und obwohl er so schwer war, schaffte ich es, ihn in das Innere der Rundhütte zu bringen.
Dort legte ich ihn hin, strich über sein Gesicht, legte mein Ohr an sein Herz und berührte seine Lippen. Durs hielt die Augen geschlossen. Er war selbst so weiß wie der Schnee draußen:
„Fridila“, flüsterte ich und die Trauer drehte mir mein Herz um: „Ich fürchte, unser Durs ist nicht mehr“
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