RE: Owain wird verkauft
“Owen“, wiederholte ich mit einem sanften Lächeln. In meinem Beruf tat man gut daran, schnell Namen zu lernen und korrekt auszusprechen, egal, wie kompliziert sie auch sein mögen – wobei das jetzt nicht so kompliziert war. Zwei Silben und keine komischen Laute dabei, das bekam ich hin. Und Owen sah mich auch an und beantwortete meine Frage. Kette, Perlen, Ohrringe, aus dem Silber eine Fibel. Sein Blick dabei war klar, nicht mehr so gebrochen und düster. Da war also noch Mann ihn ihm, der nicht gebrochen war. Ein Funke, ein kleiner. Ich lächelte noch mehr, als ich auf einmal angetippt wurde.
Überrascht drehte ich mich um und mein Lächeln wurde zu einem bezaubernden Strahlen, als ich mich dann ganz herumwarf – etwas gezeigte Freude musste schließlich sein – und meinen Saturninus begrüßte, indem ich ihm vorsichtig die Hände auf die Brust legte und mich für einen Kuss, so er ihn zuließ, kurz auf die Zehenspitzen stellte. “Ich glaube, ich habe sie gefunden“, neckte ich als Antwort auf seine Frage und ließ meine Hände einmal über seine Arme gleiten, ehe ich mich lächelnd wieder in Richtung von Owen wandte. Und feststellte, dass die kurze Ablenkung genug war, dass schon ein junger Mann ebenfalls Interesse bekundete. Er grüßte uns kurz, und ich grüßte zurück. “Salve, mein Freund.“ Das gefiel mir gar nicht, sowas trieb den Preis nur unnötig in die Höhe. Wobei…
Ich wandte mich wieder an Saturninus, um etwas mehr auszuführen, was ich hier machte. “Aber ja, ich suche einen Sklaven als Unterstützung für mein Haus. Wie du vielleicht weißt, haben wir bislang keinen, was ein paar Probleme mit sich bringt. Neulich war mein Großvater wohl am Eingang eingeschlafen und unser guter Egon, der uns bewacht, nur einen Augenblick in der Culina, um etwas zu essen, als auch schon ein dreckiger Landstreicher mitten in unser Atrium spaziert ist. Normalerweise wäre er ja gar nicht reingekommen, aber dieser kurze, unbewachte Moment… Du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr ich außer mir war. Es ist ja nicht nur so, dass wer weiß was hätte passieren können, aber so jemand in meinem Haus? Der Mann hatte Glück, dass wir ihn nicht gleich erschlagen haben, wie wir es wohl gedurft hätten.“ Denn ja, bewaffnete Einbrecher durfte man erschlagen. Und wenn er keine Waffe dabei gehabt hätte, hätten wir wohl ein Küchenmesser geopfert. So flexibel war man dann ja doch.
Da ich jetzt genug auf die Tränendrüse gedrückt zu haben meinte, wandte ich mich wieder leicht in Richtung Owen. “Und der junge Mann da hat etwas an sich. Ich kenne Menschen gut, und ich denke, er würde zu uns passen.“
Ich wollte Saturninus die Gelegenheit geben, kurz selbst über meine Worte und die Zusammenhänge nachzudenken und so selbst zu einem Entschluss zu kommen, der hoffentlich in meinem Interesse lag, als wir auch schon unterbrochen wurden. Und von wem? Meine Augen weiteten sich kurz, als ich den Landstreicher wiedererkannte, diesmal deutlich weniger dreckig und scheinbar auch freundlicher. Und er plauderte mit Saturninus auf die Weise, dass ich annahm, dass die beiden sich kannten. Er grüßte mich nur knapp, ich grüßte mit einem freundlichen Lächeln zurück. Sollte er ein Freund von Saturninus sein, musste ich jetzt freundlich die Situation konzertieren. Aber ich war geübt in dem Spiel Ich weiß, dass du weißt, dass ich etwas weiß, und deshalb tun wir alle so, als wüsste ich nichts.
|