RE: Owain wird verkauft
Nach einer Weile erschienen die ersten Marktbesucher. Die Wenigsten von ihnen hatten zu so früher Stunden den Sklavenmarkt als Ziel auserkoren. Viele wirkten eher geschäftig und hatten wenig Zeit, sich auf das Angebot des Tages einzulassen. Ich hatte sogar den Eindruck, als würde man die "gekrönten" Sklaven eher meiden. Als bestünde eine gewisse Reserviertheit uns gegenüber. Obwohl die meisten meiner Schicksalsgenossen wesentlich älter waren als ich. Ob man sich deshalb geschmeichelt fühlen durfte, dass diese Römer doch Respekt vor uns hatten? Ich zweifelte eher daran, denn letztendlich konnte man sich davon auch nichts kaufen. Wer am Ende des Tages immer noch hier stand, würde in den Minen verschwinden und nie wieder das Tageslicht erblicken.
Mir war es im Grunde gleich, wohin mich mein Weg führen würde. Wenn ich in den Minen landete, dass war es eben so von den Göttern gewollt. Still betete ich vor mich hin, dass dies alles möglichst schnell vorüber ging. Alles war besser, als hier zu stehen und begafft zu werden.
Der erste Interessent, der sich mir näherte, war eine junge Frau. Ich hatte sie gar nicht kommen sehen. Sie stand plötzlich einfach vor mir und hob das Verkaufsschild an, welches man mir um den Hals gehängt hatte. von ihr ging ein Duft nach Veilchen aus, den man kaum ignorieren konnte. Ich hob meinen Blick und sah sie an, ohne eine Miene zu verziehen. Zugegeben, sie war sehr attraktiv. Aber ich war gerade nicht in der Stimmung, mit ihr zu flirten, wie man sich denken konnte. Sie las, was auf dem Schild stand und sprach dabei auch meinen Namen laut aus. Sie versuchte es. Aber wie die meisten Römer hatte auch sie kein Gespür für unsere Sprache. "O-wen", korrigierte ich sie leise als sie zu mir aufsah. Ich erschrak mich fast selbst, als ich meine Stimme wieder hörte. Doch noch mehr, auch ihr Anblick ließ mich nicht ganz kalt. Ich war verwirrt und wusste nicht, wie ich ihr entgegentreten sollte. Jedoch gab sie mir nicht viel Zeit, um verlegen zu werden, denn sie fragte mich, was ich für sie machen würde, wenn sie mir Gold und Silber gäbe. Ich musste nicht lange nachdenken, wenn ich sie anschaute. "Aus Gold Geschmeide für dich. Kette für Hals aus goldene Perlen und Ohrringe. Aus Silber eine Fibel für Gewand." Es fiel mir schwer, die richtigen Worte in ihrer Sprache zu finden. Doch in meinen Gedanken sah ich bereits alles klar vor mir: Kleine goldenen Perlen, aneinandergereiht zu einer Kette. Dazu die passenden Ohrringe. Die Fibel war zusätlich mit roten Korallen verziert und hatte die Form eines mystischen Wesens, die ihre Trägerin beschützen sollte.
Wahrscheinlich ganz unabsichtlich hatte sie es geschafft, mir wieder Leben einzuhauchen. Zumindest für einen kleinen Moment war ihr das gelungen, bis der Togaträger hinter ihr aufgetaucht war. Doch wo einer war, waren plötzlich viele. So auch hier. Ein weiterter Römer blieb bei mir stehen und unterhielt sich mit der jungen Frau und ihrem Bekannten. Dann jedoch wandte er sich auch an mich.
"Bisschen Latein. Nix schreiben und lesen," antwortete ich wahrheitsgemaäß. Allerdings hatte ich mir wesentlich weniger Mühe bei der Wahl meiner Worte gegeben, als ich es zuvor bei der Frau getan hatte.
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