RE: Überraschung!
Aglaia hatte nicht geantwortet, was Saturninus aber nicht beunruhigte, denn so war das mit den schönen Hetären: Wie Katzen kamen sie, wenn sie nicht gerufen wurden, und wie Katzen blieben sie weg, wenn man sie rief. Wäre er noch jünger gewesen, hätte er den ganzen Tag über geseufzt und aus dem Fenster geschaut, und sich dem Gefühl der brennenden Liebessehnsucht hingegeben. Ja, er hätte vielleicht vor Freunden ihre von ihrer Hand beschriebene Tabula aus den Falten seines Gewandes hervorgeholt und geküsst.
Jetzt aber war er älter und wartete geduldig darauf, dass sie ihn rief - und falls nicht: Es gab noch andere schöne Geschenke, die den Sinn einer Frau, die ihren Lebensunterhalt selbst bestritt, wieder wandeln konnten: Schmuck, Münzen und edle Stoffe zum Beispiel.
Nach Dienstschluss strömte Furius Saturninus mit anderen Provinzialbeamten aus dem Statthalterpalast. Er wollte ziemlich schnell das Forum überqueren, als etwas vor ihm blau wie der Himmel blitzte und weiß wie ein Schäfchenwölkchen. Eine junge Frau saß auf einer Sitzbank in der Sonne, und sie genoss die ersten Sonnenstrahlen.
Saturninus Gesicht hellte sich auf; die zarten feinen Rundungen, die helle Haut, das üppge Haar; da war sie ja, seine arkadische Liebesgöttin. Hatte sie auf ihn gewartet? Der Gedanke rührte ihn.
Er klopfte dem Notar, der ihn begleitet hatte, zum Abschied auf die Schulter, bevor er zu der Bank schritt - ja schritt, denn er trug da er im Dienst gewesen war, eine Toga.
Saturninus blieb vor Aglaia stehen, so dass er ihr die Sonne nahm, und sein Schatten ein wenig auf ihre Brüste fiel, die er unter der weißen Seidenpalla ahnte. Ein feiner Parfümduft stieg ihm in die Nase, und seine Nasenflügel blähten sich. Aglaia roch so gut, das war ihm schon bei seiner ersten Begegnung aufgefallen:
"Sei mir gegrüßt Wind aus Arcardia", sagte er: " Ist neben dir der Platz noch frei?" Saturninus erschien es nicht ehrenrührig, mit einer so schönen Hetäre öffentlich gesehen zu werden. Er als Mann hatte anerkannte Bedürfnisse, und er würde seine Verlobte keinesfalls damit beschämen, dass er jetzt schon versuchte, ihr näher zu kommen.
So wie Liciana Aglaia aussah, würde man Saturninus höchstens zu seinem guten Geschmack gratulieren.
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