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Von Iscalis nach Norden - Reise in die Sicherheit?
03-19-2023, 01:19 PM,
Beitrag #23
RE: Von Iscalis nach Norden - Reise in die Sicherheit?
“Vielleicht sind es nur irgendwelche Sklavenfänger, die eine Chance auf schnelles Geld witterten?“ gab ich zu bedenken. Es gab ja durchaus nicht nur zwei verkommene Menschen auf der Welt, und seit die Römer auf die Insel gekommen waren und nicht lange fragten, wen sie auf ihre Schiffe an der Küste luden und woher derjenige kam, hatte das allerlei lichtscheues Gesindel aus seinen Löchern gelockt, die nun Leute entführten und an das Imperium verkauften. So ganz bewiesen sah ich also den Einfluss dieses Tuchhändlers nicht. Aber falls er doch so verrückt war und die zwei Kerle hier losgeschickt hatte, um Niamh zu fangen (und mich zu töten), sollte ich mich wohl doch besser um ihn kümmern. Ich sollte Dunduvan dann fragen, denn ich kannte mich gut genug, um zu wissen, dass ich ihn sehr öffentlich herausfordern würde, was für unser aller Tarnung nicht gerade gut wäre. Aber mein Bruder war clever, der würde einen besseren Weg wissen. Oder den ganzen Laden sprengen, das wusste man nie.

Niamh fing an, geschäftig herumzuwuseln, und ich ließ sie machen. Wahrscheinlich brauchte sie gerade das Gefühl, etwas sinnvolles zu tun, und ich war müde und die Stelle schmerzte nun doch ziemlich. Also ließ ich sie machen und setzte mich auf einen etwas größeren Findling, während sie hierhin und dorthin sprang, während meine Gedanken wanderten. Ich sah mir den Toten auf dem Boden an, während sie mir eines ihrer Kleider in die Hand drückte. Ich sollte es auf die Wunde drücken. Machte ich erstmal nicht, der Stoff war zu schade und wir mussten sie erst säubern.
Sie machte Feuer und ich sah mir den Kerl an. Er schien nicht ganz arm zu sein, wenn ich mir so seine Kleidung ansah. Aber auch niemand von Rang unter den Kelten, denn er hatte keinen Schmuck, den ich sehen konnte. Die Stiefel sahen eher römisch als keltisch aus. Und sie waren verdammt sauber.
Niamh hatte in der Zwischenzeit ein Feuer entzündet und kam mit dem Wasserschlauch. Ich ließ sie die Wunde spülen. Als sie zurückziehen wollte, weil ich vor Schmerz knurrte, hielt ich ihre Hand kurz fest, damit sie nicht zu zimperlich dabei war und atmete einmal tief durch, als die Wunde endlich vernünftig gespült war. Verdammt, ich hasste sowas. “Kannst du meine Satteltasche holen? Da hab ich alles, was wir brauchen“, schickte ich sie nochmal, da ich jetzt zwar nicht mehr so schlimm nach Blut stank – hoffte ich – aber mir war etwas schwindelig. Während sie loswuselte, drückte ich jetzt doch den Stoff auf die Wunde, so dass die Wundränder ordentlich zusammengedrückt wurden. Es blutete zum Glück kaum noch, brannte jetzt aber wegen dem Wasser.
Als Niamh mit meinen Taschen zurückkam, ließ ich sie sie öffnen. “Da, in dem Stoff eingeschlagen, da sind die Kräuter. Und irgendwo ist auch eine kleine Holzschüssel“, ließ ich sie wühlen. Ich nahm das Bündel mit den Kräutern, öffnete es und suchte ein paar heraus. Ich war ein hundsmiserabler Druide, weshalb meine Auswahl an Zeug, das ich dabei hatte, immer sehr begrenzt war. Im Grunde war alles nur zur Wundversorgung gut und nichts davon giftig, so dass es nichts machte, wenn ich mal was verwechselte. Ich wählte also das, was ich an Schafgarbe fand, zusammen mit noch ein paar anderen Blättern und reichte alles Niamh. “Mit ein wenig Wasser zerreiben“, sagte ich ihr. Das würde hoffentlich jede Entzündung verhindern. “Irgendwo müsste auch noch ein Angelhaken und Schnur aus Fischdarm sein.“ Ob ich sie bitten konnte, mich zu nähen? Das wäre sicherlich einfacher, als wenn ich es selber versuchte.
Sie versorgte mich und fragte noch einmal nach dem Gehörnten. Ich öffnete nochmal meine Augen und grinste leicht schief. “Ja. Nein… es… ist kompliziert.“ Ich überlegte, wann ich das letzte Mal so richtig mit jemandem darüber gesprochen hatte. Mit Raven hatte ich ganz kurz darüber geredet, aber sie wollte nicht wirklich etwas darüber wissen, hatte ich das Gefühl. Meine Brüder wussten nur, dass ich lebhaft träumte. Cathbad wusste nichts, zumindest nichts, was ich ihm gesagt hätte. Nur Caradoc wusste wirklich alles, aber der war tot. Vielleicht war es auch diese Erkenntnis, diese Einsamkeit, die mich weiterreden ließ.
“Ich habe nicht immer, aber doch manchmal Träume, die anders sind. Es fühlt sich dann nicht nach Träumen an, sondern… mehr wie eine andere Welt. Nicht die Anderswelt… glaube ich. Aber doch irgendwo… anders.“ Ich lachte einmal hohl und resignierend. “Keine Sorge, ich weiß, wie verrückt das klingt.“
Ich atmete noch einmal tief durch und sah zum Himmel hoch, zu den fernen Sternen. “Meistens bin ich in diesen Träumen ein Fuchs. Normalerweise hab ich dann das Gefühl, dass ich irgendwo hin muss. Oft passiert nicht einmal wirklich etwas dann. Meistens bin ich dann einfach nur da und sehe mich um oder… keine Ahnung, wie ich das beschreiben soll. Normalerweise ist da diese rothaarige Frau. Sie sagt nie etwas, hat die Augen geschlossen oder nur ganz leicht geöffnet. Außer das eine Mal, da waren ihre Augen wie… Sonnenlicht.
Naja, egal. In den letzten Tagen aber war da er, erst als Hirsch, dann als gehörnter Mann. Er redet auch nicht mit mir. Keine Ahnung, was er von mir will.“

Ich zog noch einmal die Luft scharf ein, als sie die Wunde etwas fester berührte. Ich wollte nicht rumjammern, und soooo schlimm war es auch nicht. Aber manchmal tat es eben doch weh. Um mich abzulenken, redete ich weiter.
“Heute hatte ich so einen Traum. Ich war auf einer weiten Fläche, auf der ein wenig Wasser stand. Es war so glatt, dass sich jeder einzelne Stern gespiegelt hat, und schien endlos zu sein. Es war fast wie fliegen. Und dann war er da, als Hirsch, und… auf einmal wurde er von zwei Pfeilen getroffen. Und dann schoss jemand auch auf mich und… ich bin aufgewacht.“
Ich atmete noch einmal tief durch. “Klingt immer noch verrückt. Ich weiß“, sagte ich und lächelte noch einmal schief. Ich würde mir das wohl selber nicht abkaufen.
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Falke
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RE: Von Iscalis nach Norden - Reise in die Sicherheit? - von Louarn - 03-19-2023, 01:19 PM

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