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Stella & Sonnwin: Von den Heiligen Quellen ins Ungewisse...
03-13-2023, 10:20 PM,
Beitrag #4
RE: Stella & Sonnwin: Von den Heiligen Quellen ins Ungewisse...
Stella in einem dunkelblauen Gewand, das Haar offen und nur mit einem Silberreif aus der Stirn gehalten, sah selbst aus wie eine der Göttinnen dieser Lande oder eine Albin. Mitternachtsfarben, schwarz wie Rabengefieder wehte ihr Haar im Winterwind, während sie hoch zu Ross auf das Land sah, welches zu unseren Füßen lag. In der Ferne schien es mit dem Meer zu verschmelzen als wäre es nicht ganz von dieser Welt. 
Gerade noch hatte sie an der Möglichkeit einer Überfahrt nach Hibernia gezweifelt. Sie hatte recht, denn es war schon zu spät in diesem Jahr. Jetzt aber sprach sie:
"Ja, wir bleiben hier, mein Friudel..."
"So soll es sein, Fridila", erwiderte ich.

Wir begannen den Abstieg. Anfangs gab es noch römische Bauernhäuser, die wir von ferne sahen, doch wir mieden sie und bewegten uns tiefer in die Marschen hinein. 
Durs ging weit voraus mit seinem Stecken, um die Festigkeit des Bodens zu prüfen. Dieser Landstrich mit seinen blauen Wasseraugen war tückisch, wenn man ihn nicht kannte. 
Er würde uns guten Schutz vor Verfolgern bieten.
Durs war in den Nähen von Mooren aufgewachsen, und er las die kleinsten Zeichen von festem Grund: Tierspuren und Tierfraß, und den Pflanzenbewuchs. Schilfrohr wuchs dort, wo das Wasser stand, seine langen Ähren  bewegten sich raschelnd.
Ich deutete darauf: "Genug Rohr, um ein Dach zu dichten, was Durs?", rief ich ihm zu, und er nickte und antwortete, ohne zu Stella hinzusehen:
"Damit Frau Stella im Trockenen sitzt, ja" 
Ich lachte ein wenig: "Damit wir alle im Trockenen sitzen, Durs", erwiderte ich. Denn Durs gehörte für mich zur Familie.

So langsam sahen wir, dass das der große Fluss Sabrina sich das Land zurückgeholt hatte und dass es vor langer Zeit hier einmal trockener gewesen war. Denn wir kamen an einigen zerfallenen Gebäuden vorbei, von denen manche sogar halb unter Wasser standen. Hier hatten auch fruchtbare Äcker oder Weideland gelegen. Einmal sah ich auch einen knöchernen Rinderschädel im Sumpf. 
Und dennoch, nach wie vor wusste ich, dass dieses Land uns nichts Böses wollte. Es empfing uns, verbarg uns, und unsere Spuren wurden durch den sumpfigen Boden aufgesogen. 
Ich griff nach Stellas Hand:
"Keine Angst, Fridila", sagte ich: "Hier haben früher Menschen und Tiere gewohnt. Sie sind schon lange fort, aber was von ihnen geblieben ist, ist nur neugierig und möchte uns nichts tun"
Wie ein Wiederhall meiner Worte ertönte das warnende Blixblixblix eines Vogels.
"Wasserhahn", sagte Durs auf Germanisch.

Ich wusste nicht, wie er auf Latein hieß, also versuchte ich ihn Stella zu beschreiben: "Durs meint, dass das Männchens eines Wasservogels, der schwarz ist und über dem Schnabel eine weiße Blesse hat, gerufen hat. Merke dir das Blixblix, denn das ist sein Warnruf. Sollten wir ihn noch einmal hören, müssen wir uns verstecken"

Der Boden stieg an und wurde trockener. Ein größerer Wasserarm teilte sich und eine der typischen Rundhütten tauchte vor uns auf. Obwohl sie schon bessere Zeiten gesehen hatte, wirkte sie beinahe intakt. Aber auch hier gab es die Zeichen, dass sie vor langer Zeit aufgegeben worden war: Die Sparren eines Wagens, achtlos weggeworfen, halb im Schlick versunkene große dickbäuchige Amphoren, deren Scherben zerstreut worden waren und keine einzige Spur von Rauch oder menschlichem Leben.

Dennoch legte Durs beide Hände vor den Mund: "Hedaaa!", rief er. Ein Schwarm von Wasservögeln schreckte er auf, die nach Norden flogen. Nichts sonst rührte sich. 

Ich führte Bernjan ins Wasser und bat Stella, die Beine anzuziehen und wenn sie wollte, wegzuschauen. Dann legten wir unsere Kleider ab, verschnürten sie in Bündel und gaben sie Stella. Meine Fridila kannte mich bereits gut ohne Kleidung, aber vielleicht würde sie sich wegen Durs schämen. Unser Knecht machte auch schnell, dass er ins Wasser kam, 

Das Wasser stand nicht so hoch, dass unser Pferd schwimmen musste, aber es hatte das Bauernland in Besitz genommen und gerade einmal die Hütte wie auf einer Insel zurückgelassen. Wir würden künftig ein Boot brauchen.
 Nur einmal verloren wir den Grund unter den Füßen und traten Wasser, doch mit Hilfe des Pferdes gelangten wir sicher an das andere Ufer. Und dort war es eine Wohltat, wieder in unsere trockengebliebenen, warmen Sachen zu schlüpfen. Dann half ich Stella, abzusteigen und versorgte erst einmal unser Pferd.
Bernjan hatte für sich Gräser und Seggen gefunden ( sie konnten wir später zu Heu trocknen), und  Durs und ich wedelten mit den Armen, um uns aufzuwärmen. 
Ich deutete auf die Hütte und bot Stella meinen Arm:

" Edle Frau Abendstern, geliebte Fridila, ich bitte Dich, dich in deinem neuen Heim umzusehen", sagte ich, beugte mich hinunter und küsste mein Albenmädchen zärtlich auf den Mund:

[Bild: Stellaund-Sonnwinn-Marschen.jpg]



>>> [Die Marschen von Sabrina] Unser neues Heim

Bildnachweis: Fyodor Vasilyev, Public domain, via Wikimedia Commons, bearbeitet von mir mit PixlrX

[Bild: 3_15_08_22_9_36_30.png]
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