Erst zwei Tage vor den Equirria bekam Accia Prisca ihren Bruder wieder zu Gesicht, als er sie besuchte. Im Grunde war es von seiner Seite aus nur als Anstandsbesuch geplant gewesen, daher war er doch sehr überrascht, als sie ihm die Grüße von Sabinius Merula ausrichtete und nach seiner Erlaubnis fragte, sich das Rennen mit diesem anzusehen.
Und ihr Bruder rastete halb aus deshalb. Prisca hatte ja so schon immer respekt vor ihrem Bruder Florus, aber in dem Moment zuckte sie richtig zusammen, als er sie mit sienen Blicken geradezu erdolchte. Hatte sie etwas schlimmes getan? Sie wüsste nicht, was das gewesen sein sollte. Aber Florus schien wirklich alles andere als erbaut zu sein.
“Bist du ihm nachgelaufen?“ fragte er zum bestimmt zehnten Mal.
Nur, um seinem Sklaven die Tabula zu geben, sonst nichts. Ich schwöre!“
“Ja, ja! Schwör du ruhig! Ich schwöre dir, wenn meine Schwester durch die Stadt streift und sich irgendwelchen Männern anbietet, dann...“
Prisca zuckte noch einmal zusammen und versuchte, sich hinter ihren Armen zu verstecken.
“Das hab ich nicht! Wirklich nicht! Wir haben uns nur unterhalten“ jammerte sie.
Nach einer Weile des Verhörs hatte Florus sich dann beruhigt und sah sie nur noch eindringlich an.
“Wollte er Geld von dir haben?“
Prisca verstand nicht, was er damit meinte.
“Nein, wir haben nicht einmal von Geld gesprochen. Also, abgesehen davon, dass er die Finanzen seines Vaters ordnet. Aber über mich haben wir da gar nicht geredet.“ Zumindest nicht, dass Prisca es mitbekommen hätte.
Florus schnaubte und schwieg, tigerte im Raum herum. Prisca schwieg einfach, während sie vorsichtig zu ihm hinübersah. Irgendwann sagte er einfach nur
“Gut“, als wäre das alles.
“Ich muss wieder zur Castra.“ Er sah Prisca noch einmal eindringlich an.
“Und du läufst keinen Männern mehr nach“ sagte er noch einmal streng, ehe er verschwunden war.
Umso überraschter war Prisca, als er zwei Tage später bei ihr in der Tür stand und ihr
befahl, sich jetzt gefälligst fertig zu machen, damit sie zu dem Rennen gehen konnten.