RE: Auf dem Forum
Nun ja, Catull gehörte nicht zu jenen Autoren, die ich ständig las. Daher beschränkte sich mein Zitat auch nur auf einen einzigen Satz. Aber von nun an hatte ich ja eine Menge Zeit. Zumindest bis ich eine passende Tätigkeit gefunden hatte. Denn irgendetwas musste ich ja tun und für mein einkommen zu sorgen. Vielleicht sollte ich in der Stadt einen Buchladen aufmachen. Dann konnte ich auch Catull lesen, ohne dass mich jemand schief ansah. Ein wenig zuckten meine Mundwinkel bei diesem amüsanten Gedanken. Prisca jedoch schien kein Grund zum lächeln zu haben, denn Florus hatte offensichtlich alles verkauft, woran sie gehangen hatte. Lediglich ein Buch hatte sie retten können: Sapphos Lieder. Nun, da sie mir dies gestanden hatte, sprach die Angst aus ihr, ich könnte sie bei ihrem Bruder anschwärzen. Doch da konnte ich sie beruhigen!
"Nein, wo denkst du hin! Von mir erfährt er kein Wort, versprochen!" Ich zwinkerte ihr zu, damit sie über ihren Verlust nicht allzu traurig sein musste. Aus ihren Worten sprach die Einsamkeit, die sie fühlte, seit sich ihr Leben komplett verändert hatte. In gewisser Hinsicht teilten wir ein ähnliches Schicksal. Wir beide mussten unser Leben neu ordnen und wir beide waren dabei die einsamsten Menschen auf Erden. Doch nun hatten wir uns getroffen und lernten uns ein wenig kennen. Man nannte so etwas wohl Seelenverwandschaft.
Je länger ich ihr zuhörte, umso mehr genoss ich es, noch mehr von ihr zu erfahren. Kleine, scheinbar unwichtige Details aus ihrem Leben. Von Lutetia konnte sie mir nicht viel erzählen, denn sie war zu jung gewesen, als sie von dort weggezogen war. Ja, damals vor zehn Jahren waren fast alle Spuren des Aufstandes in Londonium beseitigt. Die gebranntschatzte Stadt war fast ganz wieder aufgebaut. An den Aufstand selbst konnte ich mich auch noch erinnern. Ich war damals neun oder zehn Jahre alt gewesen und ich wusste noch, wie sehr sich meine Mutter gefürchtet hatte, dass die Icener auch uns töten könnten. "Ja, die Zeit des Aufstandes war sehr gefährlich. Zum Glück konnte er niedergeschlagen werden und Recht und Frieden konnte wieder einziehen." Nun ja, der Frieden war trügerisch, denn je weiter man nach Westen kam, umso unsicherer war dieser Friede.
Als ich dann von meinem Bein zu erzählen begann, wurde sie immer stiller und blasser. Nein, ich dürft nicht zu sehr ins Detsil gehen! Das war nichts für ein zartres Wesen, wie sie es war. "Ja, ich hatte großes Glück!", antwortete ich, allerdings nicht sehr überzeugend. Obwohl das gar nicht meine Absicht gewesen war.
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