RE: Fuchs und Rabe - Wer bist du?
Sie wollte gehen. Ich schätzte zwar, dass wir noch für ein paar Stunden Licht hätten, aber gut, mit dem aufkommenden Nebel war es wahrscheinlich trotzdem nicht so angenehm und sie musste ja laufen. “Soll ich dich...“, fing ich schon automatisch an, ehe ich mich bremsen konnte. Ich wollte ihr anbieten, sie mit mir auf dem Pferd in die Stadt zu nehmen, oder sie wenigstens zu begleiten, aber ich bremste mich und schüttelte den Kopf. Nein, sie würde es nicht wollen. Ich musste mir klar machen, dass das, was ich fühlte, einseitig war, und oben drein zum Scheitern verurteilt. Sie war meine Schwester, die jungfräuliche Priesterin, ganz der Göttin geweiht und für mich damit sowas von Tabu. Und sie hatte auch kein Interesse an mir, hatte mich nicht eine Sache gefragt, nicht einmal irgendwie versucht, mir näher zu kommen, außer das eine kurze Mal, als sie mich an der Wange berührt und von Raben und Füchsen geredet hatte. Aber nicht einmal dazu hatte sie meine Frage beantwortet.
Ich schüttelte den Kopf. “Vergiss es. Pass auf dich auf dem Weg auf. Ich bleib noch ein wenig hier, damit wir nicht zusammen ankommen“ sagte ich und setzte mich so, dass ich mich gegen den Stamm der Weide lehnen konnte. Ich sah sie nicht an, sondern schaute zum Fluss, als würde es mich nicht weiter berühren oder kümmern, dass sie ging. Auch wenn mein dummes Herz das anders sah und nicht wollte, dass sie ging, dass sich unsere Wege trennten. Es fühlte sich falsch an. Aber ich wusste, dass es das einzig richtige war. Cartivel hatte recht, ich sollte dieses Feuer zu löschen versuchen.
Ich hörte eine Bewegung von ihr und nahm an, dass sie ging. “Vergiss die Blumen nicht“ sagte ich nur kurz und meinte damit den Kranz auf ihrem Kopf, der bei ihrer Tante sicherlich Fragen aufwerfen würde. Und ich glaubte auch nicht, dass sie die Blumen haben wollte. Was hatte ich mir überhaupt dabei gedacht, den Kranz zu flechten und ihr aufzusetzen? Ich war eindeutig kaputt.
Falke
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