RE: Die Domus und das Ladengeschäft des Tuchhändlers Erwan
Der andere Typ im Laden kümmerte sich um den neuen Kunden und begrüßte ihn freundlich. Aber ich bekam natürlich mit, dass er Erwan holen wollte. Ich ließ mich davon jetzt nicht aus der Ruhe bringen, aber mir war klar, dass die Situation dann gleich auch schnell eskalieren konnte. Deshalb beeilte ich mich etwas, meine Gedanken zu ordnen.
Geistesabwesend hielt ich den Gürtel in der Hand und befühlte das Gewebe. Er war hübsch. Wirklich hübsch. “Sehr hübsch...“, murmelte ich, während ich kurz überlegte. Im Grunde also hatte sie hier ein schönes Leben und ein Obdach nach ihrer Flucht. Erwan tat ihr nichts, sondern wollte ihr nur einen passenden Ehemann suchen, wobei er freilich einen absolut furchtbaren Geschmack bewies, wenn er so ein Römerfreund war, dass er sie an einen der ihren geben wollte. Aber ich war mir nicht sicher, was Niamh von mir erwartete und ob sie wusste, worauf sie sich einließ. Denn so gern ich ihr helfen wollte, ich kannte niemanden mit auch nur annähernd so einem großen Haus. Das war bei uns einfach nicht üblich. Und ich wusste nicht, inwieweit sie nun diese… Dekadenz schon aufgenommen hatte.
“Ich hab hier kein Haus, Niamh, sonst würde ich dich aufnehmen. Und ich kenne auch niemanden, der so ein großes und… römisches Haus wie dieses hier besitzt.“ Ich schaute sie mitfühlend an. Ich wusste wirklich nicht, auf wie viel Komfort sie denn verzichten wollte und wie dringend der Wunsch war, von hier weg zu kommen, oder ob das eher einer Verliebtheit in mich entsprungen war und der romantischen Vorstellung einer Zukunft mit einem Hof und einem dutzend Kindern oder so. Ich wollte ihr nicht weh tun, aber ich konnte sie ja schlecht anlügen. Also, nicht mehr, als ich musste, um mich und meine Brüder nicht zu gefährden.
Ein Gedanke schoss mir durch den Kopf, und ganz kurz zögerte ich, aber doch, das war eine Idee. Zumindest war es eine Chance. “Aber wenn es dir ernst ist, kann ich jemanden fragen. Dann hol ich dich von hier raus und sorge dafür, dass Erwan dich in Ruhe lässt.“
Falke
|