Um ihr gemeinsames Theaterstück aufrecht zu erhalten, schlüpfte Louarn wieder in seine Rolle und erhob seine Stimme. "Etwas kleineres oder günstigeres? Mhh!" Niamh ließ ihre Blicke schweifen und griff schließlich zu einer hübschen Gürtel, die sie vor einigen Tagen, als ihr Leben scheinbar noch im Lot gewesen war, selbst gewebt hatte. "Wie wäre es damit? Ein schöner gewebter Gürtel." Wieder senkte Niamh ihre Stimme, um auf Louarns Frage zu antworten.
"Nein, bisher hat er mich nicht geschlagen. Aber ich habe mich ihm auch nicht mehr widersetzt. Und nein, er verlangt nicht, dass ich mit ihm schlafen soll. Lieber würde ich strerben!" Bei dem Gedanken, sich Erwan hingeben zu müssen, wurde ihr ganz übel. Bisher hatte er sich ihr gegenüber wirklich anständig benommen. Aber was war, wenn sie sich gegen seine Wünsche auflehnte? Würde er dann handgreiflich werden oder machte sie sich ganz unbegründete Sorgen? Gerade als sie ihn nochmals anflehen wollte, ihr zu helfen, trat ein weiterer Kunde ein. Aufgeschreckt sah sie zur Tür und erkannte dort einen gutgekleideten Mann mittleren Alters. Eindeutig ein Römer. Sie spürte, wie seine Blicke für einige Momente auf ihr ruhten. Schnell versuchte sie seinen Blicken auszuweichen, während Louarn seinen lateinischen Gruß erwiderte.
|Modestus
Auch Modestus hatte gehört, dass ein weiterer Kunde den Laden betreten hatte. Er legte die Bestellung, die er noch bearbeitete zur Seite und ging auf den Kunden zu, der ihn auch schon freundlich begrüßte. Es war der ehrenwerte Salvius Falco. Ebenfalls ein angesehener Händler der Stadt und ein guter Bekannte seines ehemaligen Dominus. "Salve, Dominus Salvius! Es freut mich dich zu sehen! Ja, Dominus Erwan ist seit gut einer Woche wieder zurück. Wenn du mich für einen kurzen Moment entschuldigst, ich werde ihm sagen, dass du hier bist." Damit verließ der Freigelassene den Laden und eilte zum Tablinum, um Erwan zu holen. Auch wenn er nun schon seit über zwei Jahren kein Sklave mehr war, gehörte das Wörtchen "Dominus" immer noch zu seinem Wortschatz. Es war eben einfach eine Gewohnheit, die sich nicht so leicht ändern ließ.
|Erwan
Wenige Minuten später betrat der Tuchhändler mit seinem Freigelassenen den Laden. Als er seinen Geschäftsfreund erblickte, trat er mit offenen Armen auf ihn zu und begrüßte ihn freudestrahlend. "Salvius Falco! Mein lieber Freund! Wie schön, dass du es einrichten konntest!" Erwan hatte einige Tage nach seiner Rückkehr seinem Freund eine Nachricht zukommen lassen, in der er ihn von seiner Rückkehr unterrichtete und dass er ihm ein Geschäft vorzuschlagen hatte. Worum es dabei genau ging, hatte er offen gelassen. Glücklicherweise hatte er noch nicht bemerkt, wer noch alles in seinem Laden war.