RE: Das Heim der Priesterin
"Priesterin Gilda- Priesterin Dierna, ich grüße euch und das Kind", die Jüngere mit dem Säugling vor der Brust sprach flüssig Latein und bot uns nun gleich Obdach an. Ich spürte, wie sich Stella an meiner Seite entspannte. Es war ein schöner Gedanke, wieder einmal unter einem von Menschen gemachten Dach zu schlafen.
Ich neigte den Kopf vor beiden Priesterinnen, denn sie waren wohl Weise Frauen und Seherinnen wie unsere germanische Veleda. Doch der Gedanke, ein keltisches Dorf aufzusuchen, behagte mir weniger. Je seltener wir auf Menschen trafen, desto besser:
"Danke dafür, dass wir im Gemeinschaftshaus übernachten können. Wir haben selbst noch einige Vorräte dabei, die wir gerne mit euch teilen. Unser Pferd mit dem Gepäck wartet nicht weit von hier. Durs würde es holen - und Stella und ich bleiben hier"
Ich überlegte, ob es zu dem kleinen Kind auch noch einen Ehemann gab und wo er steckte. Außerdem überstieg die Anzahl der Hütten die Zahl der Bewohnerinnen bei weitem. Es konnte durchaus eine ganze Schar Krieger den Priesterinnen zu Diensten stehen. Es durfte keinesfalls ein Missverständnis entstehen, welches Stella in Gefahr bringen würde. Männer waren misstrauischer als Frauen und schnell war ein Schwert gezückt.
Unsere Gastgeberinnen hatten es nicht verlangt, doch ich nahm langsam meinen Speer ab und legte ihn auf den Boden. Das gleiche geschah mit dem Stock. Die Priesterinnen sollten wissen, dass Durs wirklich nur unser Pferd und unser Gepäck herholte und nicht etwa Komplizen einer Räuberbande. Sollten wir lügen, konnten sie uns töten. Hatten wir aber erstmal Brot und Salz geteilt, so war die Gastfreundschaft heilig.
Wenig später kam Durs mit Bernjan am Zügel zurück. Das Pferd freute sich, mich wieder zu sehen und schubberte an meiner Schulter. Noch mehr freute es sich, als wir ihm den Proviantsack abnahmen. Ich öffnete ihn und zeigte den Priesterinnen Brotlaibe, Käse, Würste und sogar Oliven:
"Bitte nehmt", ich wandte mich an Stella: "Soll dir Dierna vielleicht das Gemeinschaftshaus zeigen, damit du dich ausruhen kannst, liebste Fridila?"
Von Stellas Gedanken über Dierna ahnte ich nichts. Ich wählte sie nur, weil ich es von meiner eigenen Schwester und meinen Cousinen kannte, dass die Anwesenheit eines kleinen Kindes das Eis zwischen jungen Frauen rasch brach:
"Wenn ich und mein Diener vor dem Essen mit etwas helfen können - Holz hacken oder ähnliches, so tun wir das gerne", mein Blick streifte wieder über die vielen Hütten:
"Als Dachdecker und Handwerker bin ich leidlich gut und Durs besser", ich klopfte dem Großen auf die Schulter.
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