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Dicke Luft im Hause des Tuchhändlers
Der Ausflug in die Stadt war nicht ohne Folgen geblieben. Als Erwan und Niamh zurückgekehrt waren, war ein großer Streit zwischen den beiden entbrannt. Sie war laut geworden und hatte ihm vorgeworfen, wie unfreundlich er gewesen war. Er hatte in etwa der gleichen Lautstärke gekontert, dass ihm der Kerl suspekt gewesen sei und außerdem solle sie sich mit solchen Typen abgeben. Es gäbe in Iscalis genug junge und ehrbare Männer, die er ihr gerne bei Gelegenheit vorstellen wolle, denn einer wie Louarn käme ihm nicht ins Haus! Daraufhin war Niamh kurz vorm Platzen gewesen. Sie stellte ein für allemal klar, er sei nicht ihr Vater und würde es auch niemals sein und sie sei auch nicht seine Sklavin, über die er bestimmen könne. Daraufhin verließ sie das Atrium und eilte in ihr Zimmer dessen Tür sie lautstark zuschlug.
Niamh war Erwan zwei Tage lang aus dem Weg gegangen. Sie hatte einfach ihr Zimmer nicht verlassen, nicht einmal zu den Mahlzeiten. Erwan aber war auch stur geblieben und hatte sich bei den Sklaven nicht einmal nach ihr erkundigt.
Am dritten Tag aber fasste Niamh einen Entschluss. Sie wollte Louarn unbedingt wieder sehen. Aber da sie nicht wusste, wo sie ihn suchen sollte, hoffte sie darauf, dass er vielleicht ins Ladengeschäft käme, um sie zu sehen. So verließ sie ihr Zimmer und lief zum Tablinum, in der Hoffnung, dort den Tuchhändler vorzufinden. Ihre Hoffnung wurde erfüllt, denn wie jeden Tag saß Erwan um diese Zeit an seinem Schreibtisch und arbeitete.
Da die Tür halb offen stand, klopfte sie nur leicht an und schob sich in den Raum hinein. Vor dem Schreibtisch blieb sie stehen und wartete darauf, dass Erwan seinen Blick hob, um sie anzuschauen. Er ließ sie eine Weile zappeln. "Was willst du?" fragte er schließlich.
"Ich möchte mich bei dir entschuldigen. Es war nicht schön von mir, dass ich dich so angeschrien habe. Es tut mir leid!" Niamhs Worte klangen aufrichtig, denn ja, sie war richtig wütend gewesen. Jedoch wollte sie sich nicht für das was sie gesagt hatte, entschuldigen.
Erwan nickte bedächtig. "Ich will nur das Beste für dich, Niamh. Als ich sagte, ich sei dein Vater, meinte ich das auch so. Du bist für mich wie meine eigene Tochter und ich möchte, dass du einmal einen ehrenhaften Mann als Ehemann bekommst. Ich dachte vielleicht sogar an einen römischen."
Niamh stockte der Atem! Ein
Rómhánach - ein Römer? Niemals! Doch sie war nicht hier, um sich weiter zu streiten. Jedoch wusste sie spätestens nun auch, dass sie auf Dauer nicht länger im Hause des Tuchhändlers bleiben konnte.
"Ja, vielleicht auch ein Römer," entgegnete sie und lächelte. "Aber ich würde auch gerne im Geschäft mithelfen. Dort kann ich auch meine Bordüren weben und ich lerne noch mehr die Sprache."
Erwan lächelte versöhnlich. Er war froh, dass Niamh ihre Meinung geändert hatte. "Aber natürlich gerne! Wenn du möchtest, kannst du gleich damit anfangen. Ich werde Modestus informieren."
So kam es, dass sich Niamh von nun an täglich im Ladengeschäft aufhielt und so gut es ging mithalf. Doch insgeheim wartete sie nur auf einen einzigen Mann. Einen Mann mit langem rotem Haar.