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Der Verkauf des Madoc (und einiger unwesentlicher anderer)
01-18-2023, 03:40 PM,
Beitrag #1
Der Verkauf des Madoc (und einiger unwesentlicher anderer)
Balventius Varro war niemand, der gern über den Sklavenmarkt ging. Wo nicht gerade die Luxusexemplare angeboten wurden, wurde das menschliche Elend offenkundig und anständige Leute ergötzten sich an so etwas nicht. Natürlich waren Sklaven essenziell für den Fortbestand des Reichs, doch gab es immer wieder Händler, die ihr eigenes Geschäftsmodell sabotierten, indem sie die Ware schlechter behandelten als die Packesel, die sie zum Einpacken der Stände benutzten. Dreck und Krankheit waren nicht selten und allzu oft hatten die Männer Freude daran, ihr erbärmliches Leben ein wenig aufzuwerten, indem sie den Wehrlosen ihre Macht demonstrierten.
Genau zu solch einem Händler war Balventius unterwegs. Tadhg war ein regelmäßiger Lieferant der Minen, in seiner Art unangenehm, in seinem Äußeren noch mehr, und leider nicht so zuverlässig, wie es der Eques gerne gehabt hätte. Seine charakterliche Schwäche zeigte sich schon in seiner Herkunft: Ein Kelte, der andere Kelten den Besatzern verkaufte. Balventius schätzte ja Kooperation, aber das war doch schon wirklich unschön. 
Inmitten seiner Begleiter - Leibwächter, Prokurist und weiterer zweier Buchhalter, sah er sich die heutige Ware an. Normalerweise traute er seinen Leuten schon zu, das hier wie immer selbst zu handhaben. Doch manchmal konnte man sich unangenehmen Pflichten eben nicht entziehen und er wollte nicht sein gutes Auge für Sklaven verlieren.
"Herr", hörte er schon das schleimige Gesabbel des Verkäufers. Tadhg war kleiner als Balventius - eine Leistung, die ein Kelte erstmal erbringen musste - und dicklich. Seine Nase sprach für jemandem, der dem Alkohol zu sehr zusprach und sein Haaransatz hatte sich schon weit hinter die Stirn verzogen.
"Eques Balventius ist die richtige Anrede", fuhr er dem windigen Händler sogleich ins Wort und hob den Arm, damit ihm der Kerl nicht zu nahe kam. Wäre ich dein Herr, wärst du mein Sklave. Und sei sicher, ich hätte dich längst verkauft, du widerlicher Abschaum, dachte er abwertend. Tadhg zögerte irritiert, setzte dann jedoch ein gewinnendes Lächeln auf, das Balventius nicht täuschen konnte. Der Händler verachtete ihn. Beinahe ebenso, wie er den Händler verachtete.
"Natürlich, natürlich. Du bist zum Einkauf hier, ja? Gut, gut, ich habe neue Ware reinbekommen. Starke Männer, junge Männer."
"Hoffentlich nicht wieder arme Seelen, die auf hoher See Piraten zum Opfer fielen. Deine Quellen sind mehr als suspekt", ließ Balventius beiläufig verlauten.
"Nein, natürlich nicht. Du missverstehst mich, Herr (schon wieder! Machte er das mit Absicht?). Sie alle sind schändliche Rebellen. Aus Silurium, weiter nördlich. Scheußliche Gegend. Nicht so nett und ansehnlich, wie unser schönes Iscalis. Und die Kerle dort drüben sind Banditen, die einen Lieferkonvoi überfallen haben. Wussten jedoch nicht um die Patrouille, die in der Nähe war, haha! Geschieht ihnen recht."
Balventius hörte schon nicht mehr zu. Tadhg sprach scheinbar ausnahmsweise die Wahrheit. Die Männer waren zwar allesamt hungrig und hätten eine Stärkung vertragen können, doch zumindest hatte man sie nicht über Gebühr misshandelt, wie es ausschaute.
"Schön, ich denke, wir kommen ins Geschäft", murmelte er abwesend und musterte einige der Sklaven ganz genau. "Den Minenalltag könnten sie eine Weile vortrefflich widerstehen, vor allem jetzt." Es gab kaum eine bessere Zeit, jetzt Minensklave zu werden. Längere Ruhezeiten, mehr Essen und medizinische Versorgung, alles, um diese gottverfluchte Bleikrankheit in den Griff zu bekommen. "Ach und... Tadhg? Auf ein Wort?"
"Aber ja doch, Herr!", rief der Mann eifrig, nur damit Balventius ihn, völlig ohne Zurückhaltung, am Ohr packte und schmerzhaft an ihn heranzog. "Aua! Ah!"
"Mein Freund, ich hörte, es gab wieder einmal einen bedauerlichen Vorfall. Sicherlich ein Missverständnis. Mein Prokurist Flavian kehrte letzte Woche tatsächlich ohne Ware zurück, weshalb ich mir heute auch die Mühe mache, selbst zu kommen. Müssen wir denn dieses Spiel wirklich jedes Mal spielen, alter Freund? Wenn ich jemanden schicke, um in MEINEM. NAMEN. EINZUKAUFEN (bei jeder Silbe zog er noch einmal an Tadhgs Ohr), dann erwarte ich, dass dem entsprochen wird. Ich weiß, dass dein Respekt gegenüber Sklaven - und seien sie auch noch weit gebildeter als du - zu wünschen übrig lässt, aber sieh es mal so. Mein Respekt für dich ist denkbar gering. Dennoch spreche ich mir dir. Nicht wahr? Ich hoffe, die Sache ist nun endgültig geklärt?"
"J-Ja natürlich, Herr! Nur... Nur ein Missverständnis, wie du sagtest!", heulte der Händler, woraufhin ihn Balventius losließ. Er wandte sich wieder den Sklaven zu, um dem Händler die nachvollziehbare Gelegenheit zu geben, ihm hasserfüllte Blicke hinter seinem Rücken zuzuwerfen.

"Dieser hier", sagte Balventius, als sie vor einem jungen Sklaven zum Stehen kamen, der trotz seiner Behandlung noch stolz und stramm ausschaute. Wie die mächtigen keltischen Krieger hatte er eine Aura von Macht und Wildheit sowie einen kräftigen Körper, was man gut erkennen konnte. Mehr als ein Lendentuch hatte man ihm nicht gelassen, aus nachvollziehbaren Gründen. "Der ist ja fast Leibwächter- oder Gladiatoren-Material."
Ohne Scheu befühlte Balventius die Oberarme des Kelten. Vielleicht ein wenig zu genau. Er konnte schönen Männern eben etwas abgewinnen.
"In der Tat. Sein Preis ist auch signifikant höher als jener der A- anderen Ware." Balventius war sich fast sicher, dass sie an dasselbe Wort gedacht hatten: Ausschussware.
Der Eques fand die Überlegung des Händlers recht und billig. Der Einsatz als Minensklave war bei einem solchen Preis kaum gerechtfertigt. Aber bei den Vorzügen konnte sich Balventius ein wenig Investition in die Ausbildung durchaus vorstellen. So oder so hatte er nicht vor, zu viel für den Mann zu bezahlen.
"Mein lieber Tadhg. Dein Ruf hier ist weitbekannt. Spätestens seit deiner völlig verwurmten Fuhre vom letzten Monat, glaubst du, dass auch nur einer, der sich diesen Preis leisten könnte, damit zu dir käme?" Tatsächlich war Balventius an Tadhgs schäbigem Ruf nicht völlig unschuldig. Immerhin gab es viel zu gewinnen, wenn man der größte (und einer der wenigen) Abnehmer war. "Leute wie ihn gibt es zuhauf, von weitaus zuverlässigeren Händlern. Ich zahle dir den üblichen Preis. Und jetzt kannst du deinen Leuten sagen, die übrigen vorzubereiten."
Der wütend grummelnde Händler sah aus, als wolle er Balventius gleich anfallen. Doch dieser wusste, dass er schon gewonnen hatte und musterte den Sklaven genau.
"Also sprich, Silurius, denn deine nächsten Worte könnten über dein Schicksal entscheiden. Wie du gehört hast, wenn du unsere Sprache sprichst, habe ich für dich nicht mehr bezahlt als für die anderen." Und damit war er ersetzbar. "Einfachen Befehlen kannst du gehorchen?"
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