Stella hatte mir eine blaue, fein bestickte Tunika und einen leichten Sommerüberwurf herausgelegt. Für meinen Mantel aus Germanien war es zu warm. Eine sanfte Brise wehte, und am Himmel, der sich blau über das Land wölbte, gab es nur einige Schäferwölkchen, die weiterhin sonniges Wetter versprachen.
Auf dem Weg traf ich Oheim Gerfridu und Quiwon, die genauso fein wie ich selbst angezogen waren. Aber Quiwon war rot im Gesicht, was mir bezeichnete, dass sie schon ganz früh am Morgen mit der Frame geübt hatten.
" Eure Mutter wollte, dass wenigstens ein Verwandter deiner Sippe bei deiner Hochzeit anwesend ist", hatte er zu Gerwina gesagt, nachdem er sie ausdrücklich angestrahlt und ihr erzählt hatte, dass Gerlinda in ihrem Alter genauso ausgesehen hätte wie sie: "Du kennst sie ja! Ich hoffe, dass auch dein britonischer Mann einer chattischen Wildkatze ebenbürtig ist!" Da beruhigte ich Gerfridu: Eisu war stark und ein guter Mann, er würde mit seiner Frau schon einig werden.
"Quiwon- der-der-das-Leben- bringt ", sagte er zu meinem Sohn, als er dessen Namen erfuhr, den ich ihm als Skaldenschüler in den Sabrinamarschen verliehen hatte:
"Das ist ein guter Name. Du bist ein Beschützer. Es wird Zeit, dass du den Umgang mit der Frame lernst"
Quiwon, artig wie er war, wollte erst seine Mama fragen. Aber in seinen kleinen Fingern juckte es, und wie! ich dachte, dass mit der Frame üben nicht bedeutete, dass er einen eigenen Speer bekommen würde, und ich war einverstanden.
Zu meiner Fridila war Gerfridu anfangs zurückhaltender. Er hatte es noch nie mit einer römischen Patrizierin zu tun gehabt. Vermutlich dachte er, sie sei ein zimperliches Püppchen. Ich freute mich darauf, dass erste Mal auszureiten, da würde er sehen, dass Furia Stella besser ritt und tapferer war als so mancher Chattenkrieger. Jetzt aber verbeugte der Oheim sich und sagte:
"Ich soll dir viele Grüße von Gerlinda bestellen, edle Furia Stella. Sie freut sich darauf, dich als ihre Tochter in die Arme zu schließen. Und dein Junge hier, Sonnmar, ist ein prächtiger Bursche, ein echter Chatte"
"Oh, ich bin aber auch ein edler Römer wie die Mama", erwiderte Quiwon da ganz unbefangen: " Ich heiße Gaius Gabinius Dives, weißt du, Oheim"
Ich grinste in mich hinein. Die Leichtigkeit, mit der meine Familienmitglieder in ihre verschiedenen Identitäten schlüpften, musste den braven Gerfridu verwirren.
Dann aber begaben wir uns in den Innenhof und die Gärten. Überall standen Tische mit Speisen, und unsere Bediensteten hatten sich fein gemacht. Eisu Ap Comux hatte dankenswerterweise auch seine Dienerschaft mitgebracht, und sie wurde von Fenia eingewiesen. Seine Leute lebten in ihrer eigenen Zeltstadt.
Clara sah ich zunächst nicht, jedoch Stella, die mit einer schlanken, edlen Dame zusammen stand. Das musste Sergia Viola sein, eine Patrizierin aus einer so alten Familie, deren Gründungsvater vermutlich
schon zusammen mit Romulus im Tiber gebadet hatte. Sie war etwas älter als Stella.
Ich trat auf beide Frauen zu:
"Liebste Fridila", sagte ich und lächelte dann Sergia Viola an:
"Du musst die edle Sergia Viola sein! Willkommen auf dem Gabiniergut!", sprach ich.