RE: [Nemeton] Spätwinter - Ein Kind für die Göttin?
Während ich auf dem kalten Boden kniete, musste ich an die Nacht denken, in der Úna gezeugt wurde. Es war das erste Mal gewesen, dass ich als frische Jungpriesterin zu den Feuern gegangen war. Alle Jungpriesterinnen brannten darauf zu den Feuern zu gehen, so wie auch Eilis sehnlich auf das kommende Beltane wartete um zu den Feuern zu gehen. Nicht alle von ihnen wurden mit einem Kind der Göttin gesegnet, aber ich gehörte zu den Glücklichen. Als der Zauber der Nacht von mir abfiel und ich mich von dem Mann löste, der dem Gott seinen Körper geliehen hatte, hatte ich den Druiden Caradoc erkannt. Auch wenn er offiziell Úna niemals als seine Tochter anerkennen durfte, so hatte er es sich nicht nehmen lassen, mich höchstpersönlich von Tor Uisneach hierher zur Quelle zu bringen, als ich schon mit Úna schwanger war.
Auch nach Únas Geburt war Caradoc immer wieder bei der Quelle vorbeigekommen um nach mir und dem Kind zu sehen, bis er von den Römern grausam ermordert wurde. Ich hatte ihm von meiner Vision erzählt, die ich kurz vor meiner Niederkunft gehabt hatte, dass Úna eines Tages eine große Priesterin der Göttin werden würde und ich hatte das stolze Leuchten in seinen Augen nie vergessen, auch wenn er niemals hätte laut sagen können, dass er Úna als seine Tochter betrachtete und sie als solche liebte. Vielleicht hatte er auch etwas für mich empfunden und nicht nur die Göttin in mir gesehen, auch wenn er das nie ausgesprochen hatte und nun war es ohnehin müßig an diese Nacht der göttlichen Ekstase zurückzudenken.
Ich hielt meinen Blick gesenkt und versuchte diese Erinnerungen zu vertreiben, während meine Tochter lautstark über die ihr gestellte Frage nachdachte. Es dauerte nur einige Momente allerdings, bis sie dem Druiden eine Antwort erteilte. "Nein, nein. Ich weiß schon, was ich machen will, wenn ich groß bin. Ich will gerne immer artig der Göttin dienen so wie meine Mama. Das hat mir die nette Frau in meinen Träumen auch erzählt und dass ich einmal auf einer Insel leben werde, die nur der Göttin gehört." Ich musste mir verkneifen, ein wenig verwirrt zu Úna hinüberzusehen. Hatte sie bereits in so einem jungen Alter schon das zweite Gesicht oder die Stimme der Göttin gehört? Bei mir hatte es sich erst fast doppelt so alt eingestellt und ich sah nur Bilder und hörte nie die Stimmen der Götter.
Es war in jedem Fall eine ungewöhnliche Antwort, aber ich war stolz darauf, dass meine Älteste in meine Fußstapfen treten wollte. Es würde aber auch bedeuten, dass die Druiden sie wahrscheinlich sehr bald zu sich holen würden und ich sie vielleicht nie wieder sehen würde. Auch wenn ich sie geboren hatte, so gehörte Úna der Göttin und gegen die Entscheidung der Druiden würde ich nicht aufbegehren können oder wollen, auch wenn mein Herz sicher bluten würde.
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