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Irrungen, Wirrungen - Verloren in Londinium
04-27-2025, 11:34 AM,
Beitrag #15
RE: Irrungen, Wirrungen - Verloren in Londinium
Ich sah zu, wie die Schankmädchen mit einem letzten, abschätzenden Blick davontraten. Es tat mir fast leid um sie. Die eine war etwas jünger als ich, die andere kaum älter als ein Mädchen. Kurz darauf stellte die Keltin einen Becher vor mir ab. Ich nickte ihr knapp zu. Der Geruch des Bieres stieg mir in die Nase – und ja, das war besser. Viel besser. Endlich ein Bier! Kein edler Trunk, aber ehrlich. Als Saturninus mir zuprostete, hob ich ebenfalls den Becher.

"Auf die Freiheit", murmelte ich. Freiheit ... Ein schönes Wort. Aber auch ein schweres. Was er dann sagte, grämte mich. Aber ich wusste auch, dass er Recht hatte. Sicher gäbe Wege… Die Römer fanden immer Wege, um ihre Ansprüche durchzusetzen. Aber auf wessen Kosten? Auf Kosten eines kleinen Mädchens, das nichts dafür konnte, wessen Blut in ihren Adern floss? Nein. Was auch immer Aglaia mir genommen hatte, ich würde dem Kind nicht noch mehr nehmen. Nein, das war mir alles zuwieder.

Nachdem ich fast den halben Becher geleert hatte, stellte ich ihn ab. Der Furius hatte schnell das Thema gewechselt und kam schließlich auf die kleine Diebin.
Ich lehnte mich zurück, ließ das Bier ein wenig auf der Zunge wirken und sah ihn an.
"Ja, ich kenne sie", sagte ich schließlich. Meine Stimme war ruhig, aber ein bisschen rau. "Sie heißt Tegwen und sie kommt aus meinem Dorf." Ich zögerte, spürte, wie sich eine alte Erinnerung in meinem Innern regte, warm und schmerzhaft zugleich.
"Sie ist die kleine Schwester meiner Frau…. meiner ersten Frau," fügte ich leiser hinzu. "Ich habe sie praktisch aufwachsen sehen. Und jetzt läuft sie mir hier über den Weg. Dabei hätte ich geschworen, dass sie längst tot ist oder…" Für einen Moment hatte ich einfach weiter gesprochen und ließ die Worte ganz unbedacht kommen, weil sie schwer auf meiner Brust lagen. Doch dann, mitten im Satz, zuckte ich innerlich zusammen. Was, wenn ich ihr schadete, indem ich hier vor einem Römer zu viel von ihr preisgab? "Ich habe sie aus den Augen verloren, als die Römer ... eure Soldaten kamen." Ich presste die Lippen zusammen und hob den Blick zu Saturninus, der mich mit kühler Aufmerksamkeit musterte. Wer wusste schon, was Tegwen in all den Jahren hatte erleiden müssen? Vielleicht war sie inzwischen eine entflohene Sklavin. Vielleicht hatte sie Dinge tun müssen, die sie besser hinter sich lassen wollte.
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RE: Irrungen, Wirrungen - Verloren in Londinium - von Licinianus Owain - 04-27-2025, 11:34 AM

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