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Cubiculum des Hausherrn | Gewitterwolken
04-11-2025, 02:27 PM,
Beitrag #8
RE: Cubiculum des Hausherrn | Gewitterwolken
"Ich würde es nie wagen, dich zu belehren, Herr", flüsterte ich. Meine Tränen erweichten Plautius Leander diesmal nicht, und als er nun von zu Tode Peitschen oder Kreuzigung sprach, fühlte ich zum ersten Male an diesem Tage, auch wenn er gesagt hatte, er würde gerne darauf verzichten, kreatürliche, tiefsitzende Angst. Plautius Leander war in diesem Moment sehr römisch, und Römer taten erbarmungslos wie die See und wie der Sturm, was sie anzukündigen pflegten. Ich merkte, wie mein Mund trocken wurde, und nun kniete ich doch:
"Und nie gegen deinen Befehl handeln" - das betraf Plautius Leanders Anweisung, niemanden hier im Haus zu verletzen, selbst wenn der sein loses Maul nicht hielte:

" Und ich schwöre auch, dass ich mit der Herrin keinen Geschlechtsverkehr hatte und würde es immer beschwören, ganz gleich wo und vor wem" Es war wahr, denn Plautius Leander hatte uns coitus per vaginam verboten und wir sein Gebot nicht gebrochen. Das ich allerdings bis über beide Ohren verliebt und Norbana Orestilla so etwas wie der kühlende Wassertrunk, nach dem Tantalos in seinen Qualen lechzte, für mich war, hatte es mich stets Beherrschung gekostet; dennoch war hier mein Gewissen rein. Allerdings hatte ich schon früh das Verhängnis kommen sehen. Menschen waren keine Automata. Und nun war das Verhängnis über uns hereingebrochen.
Einmal noch umfing mein Blick die liebste Domina. Ich wollte mir ihr geliebtes Bild, ihr Antlitz, ihre schönen Augen, ihre liebe Präsenz noch einmal in die Seele brennen. Sie gab sich, tapfer wie sie war, die Schuld und sprach von Scheidung.

Das Schlimme war; ich hätte lieber die Peitsche ertragen, als diese Ruhe, die Herr Leander beibehielt. Denn nun fragte er Norbana Orestilla: “Ist es das, was du willst?“ In dieser Frage lag so viel Traurigkeit, das ganze Elend der Welt wehte mich an.

Und ich wusste doch, dass die liebste Domina unglücklich über ein Scheitern dieser Ehe sein würde. Ich wusste doch, dass sie ihren Ehemann liebte, nicht wie mich, mit Küsschen und Versen und Turteln wie Tauben,  sondern tiefer und mit mehr Bewunderung. Ich liebte ihn ja auch, aber das machte nichts besser.

Vielleicht, wenn er mich jetzt schnell erstechen würde? Das sollte rasch gehen, nicht so lange dauern wie die furchtbare Kreuzigung. Aber dann würde niemand mehr den Herren für schwach halten können. Eventuell nannte man ihn in gewissen Kreisen einen altmodischen Spießbürger, doch bewundern würde man ihn insgeheim, den Plautius, der in echt altrömischer Manier der Ehefrau und der Sklavenschaft gegenüber durchgegriffen hatte...

"Niemand entkommt seinem Schicksal, das die große Allat uns bestimmt hat, Herr....und ich bin ganz alleine Schuld an dem Unglück, das geschehen ist. Ich allein habe die Herrin verführt", jetzt hätte ich noch etwas Tapferes sagen, meine Tunika öffnen und Plautius Leander meine blanke Brust und Kehle darbieten können. Aber es war leichter, den tragischen Helden auf der Bühne als im wirklichen Leben zu mimen.  Man musste doch nicht immer gleich sterben! Hätte es nicht auch ein Monat in den Tiefen des Kellers beim Befeuern des Hypocaustum getan?!
[Bild: 1_26_01_24_4_43_25.jpeg]
[Bild: 3_15_08_22_9_43_44.png]
"Scheinsklave" Norbana Orestilla
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RE: Cubiculum des Hausherrn | Gewitterwolken - von Nicander - 04-11-2025, 02:27 PM

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