RE: Triclinium | Cena für die neuen Hausherren
Die liebste Herrin hatte mir gesagt, ich dürfe sie begleiten. Das tat ich, und wir betraten ein prachtvolles Triclinium. Der Herr teilte seine Speisekline mit einem Jüngling, der offenbar dadurch eine Ehrung erfuhr. Ritter Montanus war mir nicht bekannt, doch die Beschreibungen seiner Person hatten nicht übertrieben. Ihm wäre es zumindest schwer gefallen, seine Kline mit jemandem zu teilen, wenn dieser nicht dürr wie ein Gerippe wäre. Dennoch faszinierte er mich, so wie mich der Maiordomus Kapaneos durch seine sonore Stimme begeisterte, durch seine üppige, außergewöhnliche Gestalt. Was für ein schlemmender Löwe, was für ein Bacchuskopf! Auf diese Naturgewalt sollte man wahrhaftig Verse schmieden...
..... Man trägt Montanus durch das steinerne Gewühl,
sein Schatten wächst, ein Berg aus Mensch und Geist.
Die Toga spannt sich, wie ein Segel voller Sturm,
sein Lachen hallt, ein Donner, der die Gassen streift.
Montanus, ein Koloss aus Fleisch und Wein,
schwebt über Rom, sein Schatten füllt die Gassen.
Sein Lachen hallt, ein Donner, schwer und rein,
die Träger zittern, nur nicht fallen lassen
Ein Bacchus wandert, Monument der Lust
sein Atem trägt den Duft von Wein und Brot.
Sein Leib, ein Festmahl, prall vom Überfluss,
so mächtig, prächtig wie das Kapitol.....
kam mir in den Kopf.
Norbana Orestilla lächelte derweil ihren Ehemann mit einem Lächeln lauterster Harmlosigkeit an. Ich trat an ihre Seite und zupfte ein wenig an dem Seidentüchlein um ihren Hals, als würde ich es richten:
"Domina, bitte schone dich, solange dein Nacken noch verspannt ist", sprach ich so laut, dass der Herr mich hören konnte; dann war meine Rolle in dem Stück beendet und ich trat zu den Sklaven, die in einer Reihe aufrecht an der Wand standen.
Ich dachte jedoch nicht, dass Dominus Leander glauben würde, dass seine Gattin wirklich unpässlich gewesen wäre. Aber was hätte er davon, sie während einer Cena mit Verwandten zu beschämen? Das würde doch nur auf ihn selbst zurück fallen. Ich hoffte also, dass der Herr nichts sagen würde, aber erwartete noch immer das heftige Donnerwetter danach. Diese Aussicht betrübte mich sehr.
Dabei fiel mein Blick auf den liebreizenden Vogeljüngling im Käfig, der spielte und sang. Ritter Montanus nannte ihn Melestratus. Er zupfte die Lyra. Ich fragte mich, wer für die Dekoration dieses Raumes verantwortlich war und tippte auf die zugebenermaßen sehr reizend aussehende Sklavin, die den Ritter geschickt bediente, indem sie sich darauf verstand, seine Speisen immer gerade so wieder anzurichten, als seien sie noch unberührt, um seinen Appetit weiter anzuregen.... wie hätte ich mich unter anderen Umständen an diesen hübschen kleinen Miniaturen erfreut. Aber wie gesagt. mich plagte die Furcht, und so hielt ich den Blick gesenkt und konnte die kleine Galgenfrist vor dem Zorn des Hausherren, die mir und der Herrin blieb, nicht wirklich genießen.
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